Somit fehlen hochgerechnet jedes Jahr in Deutschland etwa 50.000 Liter Blut. Dabei könnten mehr Menschen, insbesondere Männer, die Sex mit Männern haben, zur Spende zugelassen und die Blutknappheit durch eine entsprechende Gesetzesinitiative beendet werden. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage der IKK classic, in der ermittelt wurde, dass über eine halbe Million eben dieser Männer gerne spenden würden, bislang aber von der Blutspende ausgeschlossen waren. Würde jede dieser Personen nur einmal spenden, ergäbe das bereits eine Viertelmillion Liter Blut. Dadurch ließe sich der Mangel an Spenderblut von 50.000 Litern in Deutschland pro Jahr schnell beheben.
Trotz alledem wurden bei der Blutspende fast vier Millionen Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert: Männer, die Sex mit Männern haben und Blut spenden wollten, wurden unter bestimmten Umständen nach der Hämotherapie-Richtlinie von einer sofortigen Spende zurückgestellt. Darunter fielen homo- und bisexuelle Männer, die in den letzten vier Monaten einen neuen oder mehr als einen Sexualpartner hatten. Obwohl die Richtlinie im September 2021 (wie im Zeitstrahl unten dargestellt) die Zurückstellung dieser Spendergruppe von zwölf auf vier Monate verkürzt hatte, war die Diskriminierung zwar abgeschwächter, aber weiterhin vorhanden.
Denn Spender-Richtlinie und -Fragebogen zielten weiterhin auf ein stigmatisierendes Vorurteil, dass gleichgeschlechtliches Sexualverhalten hinsichtlich Infektionskrankheiten als riskanter gilt als heterosexuelles Sexualverhalten. Dies ist aber nicht der Fall. Daher soll eine Rückstellung nicht aufgrund der sexuellen Orientierung bestimmter Personengruppen, sondern aufgrund des individuellen Risikoverhaltens vorgenommen werden – wie in anderen Ländern auch.