Beleidigungen und Gerüchte, Hasskommentare und Shitstorms – wer im Internet gemobbt wird, muss ein dickes Fell haben. Denn oftmals sind die Gründe, weshalb man zum Opfer von Mobbing wird, vor allem eines: ganz banal. Klar ist: Cybermobbing ist zum Problem unserer digitalisierten Gesellschaft gewachsen. Aber warum mobben Menschen andere Menschen überhaupt online?
Wer im Netz bloßgestellt und schikaniert wird, fühlt sich oft machtlos. Schließlich lässt sich, was einmal im Internet veröffentlicht wurde, nicht einfach löschen. Gerade unter Kindern und Jugendlichen kann das sogenannte "Cybermobbing" schnell zum Problem werden.
Was ist Cybermobbing?
Cybermobbing kann sich in verschiedenen Formen äußern: von verletzenden Nachrichten oder Kommentaren, in denen intime oder diskreditierende – wahre wie unwahre – Informationen öffentlich geteilt werden, bis hin zum Diebstahl virtueller Identitäten in den sozialen Netzwerken oder dem Stalking über das Smartphone. Aber auch die digitale Ausgrenzung zählt zum Cybermobbing: wenn jemand zum Beispiel aus fadenscheinigen Gründen aus einer WhatsApp-Gruppe ausgeschlossen wird – und so de facto auch aus der jeweiligen Community.
Cybermobbing ist aber kein kleines Problem. Schließlich lässt sich, was einmal im Internet oder per App veröffentlicht wurde, nicht einfach löschen. Gerade unter Kindern und Jugendlichen kann Cybermobbing daher schnell zum alles bestimmenden Thema werden: In Bremen zum Beispiel wird, laut Bündnis gegen Cybermobbing, bereits jedes vierte Kind gemobbt, in Sachsen und Hessen leiden immerhin fünf Prozent der Kinder unter den Attacken im Netz.
Warum mobben Menschen online?
Wie der Verein "Bündnis gegen Cybermobbing" im Jahr 2022 untersuchte, mobben 57 Prozent der Täter, weil sie glauben, dass es die betreffende Person verdient hätte; weitere 46 Prozent, weil sie mit ihrem Opfer zuvor Ärger hatten. Allerdings gaben auch 37 Prozent der Befragten an, dass sie Cybermobbing betreiben, weil sie zuvor selbst gemobbt wurden. Und circa ein Drittel (33 Prozent) macht es aus purem Vergnügen.
WhatsApp: Der Cybermobbing-Kanal Nummer Eins
Die Mobber, auch neudeutsch als Bullies bezeichnet, nutzen beim Cybermobbing die Vorteile der Kommunikation im Internet: Sie posten anonym oder unter falschem Namen, unabhängig von Ort oder Zeit und ohne dem Opfer dabei in die Augen sehen zu müssen. Welche Folgen ihr Handeln hat, ist ihnen oft nicht einmal bewusst oder ganz egal. Denn wer mobbt, will sich in erster Linie profilieren. Und nirgends geht dies einfacher und vor größerem Publikum als in den digitalen Medien: in Chats, in sozialen Netzwerken oder über den Cybermobbing-Kanal Nummer Eins: WhatsApp.
Aber auch die sozialen Netzwerke melden immer mehr Mobbing-Vorfälle. Insbesondere die video-basierte Plattform TikTok weißt einen starken Anstieg der Vorfälle innerhalb der letzen Jahre auf.
Mädchen sind häufiger von Cybermobbing betroffen
Dabei rückt das Thema bereits in der Grundschule auf den Plan: Acht Prozent der Schüler haben in dieser Zeit laut Elternbefragungen die erste Berührung mit Cybermobbing. Später ist es vor allem an Haupt- und Werkrealschulen ein Problem. Dort werden 24 Prozent der Schüler gemobbt (Quelle: Bündnis gegen Cybermobbing 2022).
42 Prozent der befragten Mädchen gaben an, Cybermobbing in ihrem Umfeld erlebt zu haben. Bei den befragten Jungen waren es 33 Prozent. Am häufigsten sind die Opfer von Beleidigungen und beleidigenden Inhalten im Netz betroffen (78 Prozent), Opfer von Lügen und Gerüchten werden 59 Prozent der Jungen und Mädchen, Mädchen mit 62 Prozent auch hier etwas häufiger als Jungen mit 52 Prozent (Bündnis gegen Cybermobbing 2022).
Das können Eltern tun
Jeder reagiert anders auf Cybermobbing. Manche Kinder sind verletzt, andere schlagen zurück. Fest steht, dass jede Attacke Spuren hinterlässt. Die Folgen von Cybermobbing können sehr unterschiedlich sein: von mentalem oder emotionalem Stress bis hin zu Selbstmordgedanken. Eine stationäre Behandlung wird immer dann nötig, wenn sich das Kind oder der Jugendliche weigern, zur Schule zu gehen und insbesondere dann, wenn die Gefahr besteht, dass sich das Mobbingopfer etwas antun könnte.
Wer aber schnell reagiert, kann Mobbern in vielen Fällen direkt das Handwerk legen. So empfiehlt beispielsweise das Bundesfamilienministerium Eltern, vorbeugend nachzufragen, auf welchen Seiten und mit welchen Personen ihr Kind regelmäßig im Netz zu tun hat. Hilfe finden Kinder und Jugendliche auch bei Beratungsstellen wie der Nummer gegen Kummer oder Juuuport, wo gleichaltrige, speziell ausgebildete Scouts Betroffene informieren und sie beraten.
Mein Kind mobbt mit oder beobachtet Mobbing – was kann ich tun?
Auch wenn Ihr Kind andere mobbt, oder stillschweigend beobachtet, wie andere gemobbt werden, besteht dringender Handlungsbedarf. Denn meistens erkennen Mobber und Beobachter nicht, welche Auswirkungen Cybermobbing auf die Opfer hat.
Daher ist es wichtig, Kinder darauf aufmerksam zu machen, wie verletzend Cybermobbing für andere sein kann. Versuchen Sie, die Beweggründe zu verstehen, warum Ihr Kind andere schikanieren könnte: Fühlt es sich möglicherweise vernachlässigt? Möchte es vielleicht eigene Unsicherheiten kaschieren, indem es andere erniedrigt? Falls Ihr Kind nicht in einen Mobbingfall eingegriffen hat, sollten Sie nach den Gründen für dieses Verhalten fragen.
Sprechen Sie über das Opfer des Mobbings und überlegen Sie gemeinsam, wie eine angemessene Entschuldigung und weitere Schritte aussehen könnten. In schweren Fällen kann das auch mit fachlicher Unterstützung geschehen: SchulsozialarbeiterInnen und Schul- oder Familienberatungsstellen sind mögliche Anlaufstellen für Unterstützung.