Risiken bei unnötigen Operationen vermeiden
Verschiedene Studien kommen zu dem Ergebnis, dass zum einen sogenannte „sozioökonomische Faktoren“ Einfluss auf die Häufigkeit von Operationen haben, ebenso wie persönliche. Darunter die Versorgungsdichte (also die Anzahl der Krankenhäuser in der Region), ärztliche Empfehlungen, die steigende Nachfrage nach operativen Eingriffen und die Erwartungen, die mit einer OP einhergehen. Viele Patienten hoffen etwa, dass ein operiertes Knie oder ein operierter Rücken schneller wieder genesen. Hinzu kommen auf seiten der Ärzte mangelnde Kenntnisse zu neuen Behandlungsansätzen sowie mangelnde Erfahrung aufgrund zu weniger Operationen zu einer bestimmten Diagnose.
Zum anderen, sagen Kritiker, liege die steigende Zahl der Operationen – auch jener, die nicht medizinisch notwendig sind – an falschen finanziellen Anreizen. Eine Operation infolge einer Verletzung etwa ist deutlich teurer als eine konservative Behandlung. Ein Eingriff an der Wirbelsäule zum Beispiel kostet etwa 10.000 Euro, ein Gelenkersatz am Knie bereits um die 12.000 Euro. Eine Operation kostet damit in etwa so viel wie 30 Behandlungsjahre ohne Operation. Der Grund ist, dass das Gesundheitssystem OP-Leistungen deutlich stärker bewertet als Behandlungsmethoden ohne Skalpell.
Um dem Trend hin zu unnötigen Operationen etwas entgegen zu setzen, trommeln die gesetzlichen Krankenkassen daher verstärkt für die sogenannte Zweitmeinung durch einen weiteren Arzt oder Facharzt. Denn klar ist: Obwohl in Deutschland immer häufiger operiert wird, ist die Lebenserwartung nicht höher als in vergleichbaren Ländern.
Studien zu Zweitmeinungsverfahren haben stattdessen gezeigt, dass zum Beispiel rund 85 Prozent der Operationen am Rücken aus medizinischer Sicht nicht alternativlos waren. Die Beschwerden hätten auch ohne Operation abgenommen. In der Folge heißt dies: 85 Prozent der Patienten, die am Rücken operiert wurden, gingen unnötige Risiken ein – und haben ihrer Gesundheit eventuell mehr geschadet als genutzt.