Rund ein Viertel (26,5 Prozent) aller Ausbildungsverträge wurden im Jahr 2018 aufgelöst, die Jahre zuvor war die Quote fast genauso hoch. Die Kündigung eines Vertrages heißt aber nicht, dass die Ausbildung endgültig abgebrochen ist: Denn einige führen die Ausbildung bei einem anderen Betrieb weiter oder wechseln den Beruf – bleiben also auf dem Weg.
In unserem Azubi-Podcast "Ausbildung? Machen wir." erfährst du, woher du Hilfe bekommst, wenn du nicht mehr weiter weißt: Zwei Experten verraten, welche Möglichkeiten es gibt und wie sie jungen Menschen weiterhelfen können. Hör doch mal rein!
Ausbildung abbrechen? Das solltest du vor der Kündigung bedenken
Bist du unzufrieden mit deiner Ausbildung? Spielst du sogar mit dem Gedanken, die Ausbildung abzubrechen? Bevor du die Reißleine endgültig ziehst, solltest du vorher ein paar Dinge bedenken. Denn oft lässt sich mit ein wenig Unterstützung eine Lösung für die Ursachen deiner Unzufriedenheit finden.
Häufige Gründe für einen Ausbildungsabbruch
Hinter vielen Ausbildungsabbrüchen steht die Wahl des Berufes: Oft haben sich Azubis einfach etwas anderes unter ihrem Traumjob vorgestellt. In der Praxis zeigt sich dann, dass es auch viele unliebsame, aber notwendige Aufgaben gibt. Auch Schwierigkeiten im Betrieb sind ein möglicher Grund, warum Lehrlinge ihre Ausbildung abbrechen. Während manche mit Vorgesetzten oder Kolleginnen und Kollegen nicht zurechtkommen, fühlen sich andere überfordert – oder auch unterfordert. Aber auch ganz andere Gründe wie eine plötzlich auftretende Krankheit oder die Insolvenz des Unternehmens können zu Schwierigkeiten führen.
Bevor du eine Ausbildung beginnst, solltest du dich also gut über den Ausbildungsberuf informieren. Dabei kann dir zum Beispiel die Berufsberatung der Agentur für Arbeit helfen, die dich auch in den ersten Wochen deiner Ausbildung begleitet. Weitere Organisationen wie zum Beispiel die Initiative Bildungsketten unterstützen dich auf dem Weg von der Schule bis zum Ausbildungsabschluss.
Bevor du eine Ausbildung anfängst: Praxiserfahrung sammeln
Damit es während der Ausbildung nicht zu einem Schock kommt, solltest du dich vorher genau über das Tätigkeitsfeld erkundigen. Das machst du am besten während eines Praktikums. Auch wenn du vielleicht nicht die Arbeiten einer Fachkraft ausüben darfst, kannst du zumindest beobachten und fragen, welche Aufgaben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erledigen müssen. Auch auf Ausbildungsmessen in deiner Region stellen sich Betriebe vor, bei denen du dich erkundigen kannst.
Bei diesen Gelegenheiten kannst du auch herausfinden, welche Tätigkeiten die Belegschaft am wenigsten mag – und für welche sie jeden Tag immer wieder gern zur Arbeit kommen. Außerdem kannst du dich informieren, ob du in Schichten arbeiten musst und wie mit Überstunden umgegangen wird. Auch wenn du während einer Ausbildung keine Überstunden anhäufen darfst, kannst du dich darauf einstellen, was dich im Berufsleben erwartet.
Ausbildung abbrechen: Welche Ursachen und Lösungen es gibt
Ob persönliche Schwierigkeiten mit Vorgesetzten oder im Team oder Unzufriedenheit mit den Arbeitsinhalten: Je nachdem, aus welchem Grund du Schwierigkeiten mit deiner Ausbildung hast, gibt es unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten und verschiedene Anlaufstellen, wo du Hilfe bekommst.
Überstunden
Generell solltest du während der Ausbildung keine Überstunden leisten müssen. Die Arbeitszeit, die in deinem Arbeitsvertrag festgehalten ist, muss ausreichen, zudem soll das Erlernen des Berufes für dich im Vordergrund stehen. Nur in Ausnahme- beziehungsweise Notfällen sollten Überstunden anfallen. Azubis, die unter 18 Jahre alt sind, dürfen maximal achteinhalb Stunden am Tag arbeiten, die Überstunden sollten noch in der gleichen Woche abgebaut werden.
Wer volljährig ist, kann maximal 10 Stunden am Tag arbeiten, allerdings darf die durchschnittliche Arbeitszeit innerhalb von sechs Monaten nicht über acht Stunden pro Tag betragen. Das heißt: Die Überstunden müssen innerhalb eines halben Jahres ausgeglichen werden – entweder durch Freizeit oder sie werden bezahlt. Das regelt der Tarif- oder Ausbildungsvertrag.
Du solltest deine Überstunden auf jeden Fall aufschreiben und genau festhalten, für welche Tätigkeiten du länger gearbeitet hast und dies von deinem Ausbilder gegenzeichnen lassen. Erster Ansprechpartner im Falle zu vieler Überstunden sollte dein Ausbilder sein. Findest du mit diesem keine Lösung, kannst du dich an die zuständige Handwerkskammer bzw. Industrie- und Handelskammer wenden. Welche das ist, findest du über unsere Linkliste weiter oben auf dieser Seite heraus.
Unterforderung
Bist du unzufrieden mit deiner Ausbildung, weil du nur ausbildungsferne Tätigkeiten ausführen darfst und das Gefühl hast, nichts zu lernen? Dann wirf zuerst einen Blick in deine Ausbildungsvereinbarung. Dort ist festgehalten, welche Dinge dir im Betrieb beigebracht werden sollen. Kannst du damit nachweisen, dass dir nicht das Wissen vermittelt wird, das du eigentlich lernen solltest, hast du gute Voraussetzungen, um etwas daran zu ändern. Wichtig ist auch hier die Dokumentation: Pflege dein Berichtsheft also gewissenhaft.
Auch hier sollte der erste Ansprechpartner dein Ausbilder sein. Findet ihr keinen Kompromiss, kannst du auch gegebenenfalls in anderen Abteilungen deines Ausbildungsbetriebes auf Personen zugehen, die für Azubis verantwortlich sind. In manchen Fällen kannst du innerhalb des Betriebes die Abteilung wechseln. Oder du gehst auf die Initiative "VerA – Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen" zu. Hier beraten dich erfahrene Personen, die Kontakte zu wichtigen Stellen wie den zuständigen Kammern haben und wissen, was bei den Formalitäten zu beachten ist. Sie können auch das Gespräch mit deinem Arbeitgeber suchen.
Überforderung
Bist du unzufrieden mit der Berufsausbildung, weil du die Arbeit als Belastung empfindest, solltest du ebenfalls frühzeitig das Gespräch suchen. Überforderung kann im schlimmsten Fall auch zu psychischen Schwierigkeiten führen. Willst du im ersten Schritt anonym eine neutrale Meinung zu deinem Fall einholen, bist du im Forum von "Dr. Azubi" richtig, das von der Gewerkschaftsjugend des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB Jugend) betreut wird.
Schwierigkeiten in der Berufsschule
Auch wenn im Betrieb alles klappt, können in der Berufsschule weitere Konfliktpotenziale entstehen. Hast du Schwierigkeiten mit den Mitschülerinnen und Mitschülern, kannst du dich an deinen Vertrauenslehrer wenden. An der Berufsschule sind das Beratungslehrkräfte oder ausgebildete Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen.
Auch die Initiative VerA kann dir zum Beispiel bei der Prüfungsvorbereitung helfen: Die Experten können gegebenenfalls sogar ältere Klausuren organisieren. So bekommst du einen Eindruck davon, was dich in der Prüfung erwartet.
Wer befürchtet, wegen schlechter Noten die Ausbildung nicht zu schaffen, sollte sich auch Hilfe holen: Suche dir Hilfe von Kolleginnen und Kollegen, sprich Lehrer oder Mitschüler an. Oft ist es eine Frage der Organisation oder der Lernmethoden. Versuche langfristig zu denken, erstelle dir einen Lernplan und konzentriere dich möglichst auf ein Fach über einen bestimmten Zeitraum. Übe besonders bei Rechenaufgaben mit unbekannten Aufgaben, die dich herausfordern, anstatt bekannte nachzuvollziehen. So verstehst du die Methode dahinter und erlernst eine Routine beim Lösen der Aufgaben.
Ausbildung kündigen wegen Krankheit
Grundsätzlich darf dir nicht gekündigt werden, bloß weil du krank bist. Nur wenn du unentschuldigt fehlst, riskierst du eine Abmahnung und im schlimmsten Fall sogar eine fristlose Kündigung. Hat sich bei dir eine Langzeiterkrankung entwickelt, durch die deine Eignung für den Beruf entfällt – wie zum Beispiel bestimmte Allergien –, solltest du mit deinem Ausbilder ins Gespräch gehen, um eine Lösung zu finden. Ist eine Heilung absehbar, kannst du die Ausbildung womöglich zu einem späteren Zeitpunkt weiterführen, das gilt zum Beispiel für psychische Erkrankungen. In jedem Fall solltest du das Problem auch frühzeitig bei deinem Arzt ansprechen.
Was du beim Ausbildungsabbruch beachten solltest
In der Probezeit kannst du jederzeit kündigen, ohne einen Grund anzugeben. Befindest du dich nicht mehr in der Probezeit, musst du hingegen einen Kündigungsgrund angeben – und die Kündigungsfrist einhalten. Meist sind das vier Wochen, genaueres regelt dein Ausbildungsvertrag. Bis zum Ende dieser Frist besteht dein Vertrag fort und du musst weiterhin deinen Pflichten nachgehen – hast aber auch weiterhin Anspruch auf Urlaub und Bezahlung. Eine ordentliche Kündigung muss schriftlich erfolgen.
Willst du das Ausbildungsverhältnis vorzeitig abbrechen und befindest dich nicht mehr in der Probezeit, benötigst du einen wichtigen Grund: das können physische oder psychische Gewalt, sexuelle Übergriffe oder Drohungen sein. Du kannst auch einen Auflösungsvertrag mit deinem Betrieb aushandeln. Dann solltest du aber auf die Konditionen achten, zum Beispiel ob du auf Überstundenausgleich oder deinen Resturlaub verzichtest.
Nach deiner Kündigung solltest du mit deinem Arbeitgeber sprechen und dir ein Arbeitszeugnis ausstellen lassen. Solltest du direkt im Anschluss keine neue Stelle antreten oder ein Studium beginnen, musst du dich außerdem bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden. Auch um deine Krankenversicherung musst du dich kümmern, gegebenenfalls kannst du dich wieder bei der Familienversicherung deiner Eltern mitversichern lassen.
Im Idealfall hast du vor deinem Ausbildungsausbruch schon einen Plan B erarbeitet. Du könntest zum Beispiel in einem anderen Betrieb eine Berufsausbildung machen, eine weiterführende Schule besuchen, ein Freiwilliges Soziales oder Ökologisches Jahr (FSJ oder FÖJ) absolvieren oder ein Studium beginnen. Auch Praktika oder ein Auslandsaufenthalt als Au-Pair sind Möglichkeiten.
Ein Ausbildungsabbruch sollte eine überlegte Entscheidung sein
Die Entscheidung für einen Abbruch solltest du dir gut überlegen. Es empfiehlt sich ein Plan B, zudem solltest du vorher mit neutralen Personen sprechen, die dich beraten können. Wenn es doch nicht weitergeht, können dir die Experten dabei helfen, dass du keinen Nachteil davon hast. Doch in vielen Fällen lassen sich Lösungen finden.