Die heute sieben Jahre alte Lina ist ein sehr fröhliches Mädchen mit „Hummeln im Hintern“, wie ihre Mutter Dagmar lachend berichtet. Auf den ersten Blick würde niemand vermuten, dass das Kind eine pflegebedürftige Person ist, die bereits viele schwere Erkrankungen meisterte. Dazu gehört eine größere Hüftoperation Ende 2017. „Wir wussten bereits im Vorfeld, dass die Kleine mindestens eine Woche im Krankenhaus bleiben, sechs Wochen in häuslicher Umgebung im Liegen verbringen und im Anschluss eine drei- bis sechswöchige Reha benötigen wird“, sagt Dagmar.
Das ist eine lange Zeit, für die kein Urlaubstagekonto reicht. Und für die sich die in Teilzeit beschäftigte Konstrukteurin natürlich auch nicht selbst krankschreiben lassen konnte. Gleiches galt für ihren in Vollzeit beschäftigten Mann Marc, zumal die beiden nicht nur ein, sondern zwei eigene Kinder haben.
Dagmar T. nahm eine dreimonatige Pflegezeit. Der Grund war eine Hüftoperation der damals fünfjährigen, pflegebedürftigen Tochter. Welche Voraussetzungen dabei galten, wer ihr half und wie die ganze Familie profitierte, erzählt sie hier.
Eine Pflegezeit löste das Problem
Ein Ausweg musste her. „Ich beantragte eine Pflegezeit“, erinnert sich Dagmar. Das bedeutet: Sie hat Anspruch
auf eine bis zu sechs Monate lange Auszeit und hat nach Ablauf dieser Pflegefreistellung das Recht, in den Beruf zurückzukehren. Zwar bekommt sie kein Geld vom Arbeitgeber, jedoch zahlt die Pflegekasse Beiträge zu ihrer Renten- und Arbeitslosenversicherung. Obendrein entrichtet die Pflegeversicherung das Pflegegeld für Lina, die aufgrund ihrer Vorgeschichte den Pflegegrad 4 bekommen hat. „Für diese Auszeit habe ich mich dann über meinen Mann krankenversichert“, so die Vierzigjährige. Zudem hätte es die Möglichkeit gegeben, sich über das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben ein zinsloses Darlehen zu beschaffen, um den Verdienstausfall auszugleichen.
Die Pflegeberaterin war eine große Stütze
Woher Dagmar und Marc von ihren Möglichkeiten wussten? Neben regelmäßigen Treffen bei der Selbsthilfegruppe Soma e.V. brachte der Kontakt zu einer besonderen Person wertvolle Informationen: „Unsere Pflegeberaterin stand uns – wie schon so oft in den letzten Jahren – mit Rat und Tat zur Seite. Wir mussten sie nur anrufen, wenn es Probleme gab und sie kümmerte sich darum“, sagt Dagmar. Zum Beispiel auch, als es für die Zeit nach der Operation um die Beschaffung eines speziellen Pflegebetts und eines Reha-Buggys für das erkrankte Kind ging. Oder um die Versorgung der zweiten Tochter während des Reha-Aufenthalts von Dagmar und Lina. „Für die damals achtjährige Emma wäre es purer Stress gewesen, wenn eine fremde Person sie aus dem Hort abgeholt und bis zum Abend betreut hätte“, erklärt Dagmar.
Über die IKK classic erfuhren sie, dass auch ein naher Angehöriger, also ebenfalls ihr Mann, derjenige sein kann, der die notwendige Betreuung sicherstellt. „Er hat dann weniger gearbeitet und die Arbeitszeitverkürzung wurde durch die Bewilligung einer Haushaltshilfe ausgeglichen“, betont die zweifache Mutter. Dabei handelt es sich um eine Leistung der Krankenversicherung, die sich mit den Leistungen der Pflegeversicherung ergänzt.
Die Hintergründe für den Pflegeanspruch
Mittlerweile ruft Dagmar ihre Pflegeberaterin auch einfach mal so an, um Neuigkeiten auszutauschen und schickt ihr Bilder von Linas Fortschritten. „Diese Frau ist einer der Engel unserer Familie“, betont Dagmar. Sie kennen sich seit sieben Jahren und das aus einem weniger fröhlichen Grund: Lina wurde mit einer sehr seltenen Fehlbildung des Unterleibs geboren, die eben auch die Hüftoperation notwendig machte. Seine ersten Lebensjahre verbrachte das Kind mehr im Krankenhaus als zu Hause und wird vermutlich bis an sein Lebensende Windeln und einen Darm-Stoma tragen müssen. Hinzukommen in unregelmäßigen Abständen Probleme wie heftige Blasenentzündungen, Harn- oder sogar Gallensteine. Zudem leidet Lina unter Zöliakie und schon ein kleiner Magen-Darm-Infekt kann einen Krankenhausaufenthalt bedeuten. „Durch das Stoma verliert sie schnell sehr viel Flüssigkeit“, erklärt Dagmar. Schon als Baby bekam Lina die Pflegestufe 2. Bevor das System auf Pflegegrade umgestellt wurde, stellte eine Neubegutachtung die Pflegestufe 3 fest. „Wir müssen Lina ja auch mindestens zweimal pro Nacht versorgen und alles was mit dem Toilettengang zu tun hat, schafft sie einfach noch nicht allein“, so die Mutter. Obendrein ist die Schülerin nicht die beste Esserin, sodass ständig jemand neben ihr sitzen muss, damit die Nahrungsaufnahme nicht zu kurz kommt.
Entlastung für die Eltern
„Klar, es läuft alles, aber manchmal kommen wir eben doch an unsere Grenzen“, gibt Dagmar offen zu. Für Entlastung sorgt – wie der Name schon verrät – die Entlastungsleistung. Darüber kann die Familie eine Unterstützung für die Haushaltsführung finanzieren, bis zu 125 Euro monatlich werden erstattet. Wichtig ist hier, dass es sich um eine vom Land anerkannte „Nachbarschaftshilfe“ handelt oder um einen zugelassenen Vertragspartner der IKK classic. „So können wir Samstage entspannter mit unseren Kindern verbringen“, so Dagmar.
Zwar war die vierköpfige Familie schon öfters zusammen im Urlaub, jedoch haben sie jedes Mal mindestens die Kinderärzte vor Ort kennengelernt – oder mussten nach ihrer Rückkehr den Reisekoffer direkt in eine Krankenhaustasche verwandeln. „Wir wünschen uns eine gemeinsame Reha für die ganze Familie. Wichtig wäre, dass auch die Kinder nicht nur Begleitpersonen sind. Schließlich ist nicht nur Lina, sondern auch unsere erste Tochter durch die Situation belastet“, sagt Dagmar. Bei diesem Vorhaben wird die Pflegeberaterin der Familie sicher auch helfen können.
Hilfe! Ich kann nicht mehr – Auszeit von der Pflege
Ihnen wird alles zu viel und Sie brauchen Zeit für sich, möchten vielleicht sogar verreisen? Oder Sie sind selbst erkrankt und können die Pflege Ihres nahen Angehörigen nicht mehr leisten? Wünschen Sie sich einen Pflegeurlaub, bieten die Verhinderungspflege oder die Kurzzeitpflege wertvolle Unterstützung. Ersteres bedeutet, dass ein Ersatz für Sie (zum Beispiel Ihr Nachbar, Ehegatte oder ein Bekannter) gefunden oder ein ambulanter Pflegedienst engagiert wird. Die Verhinderungspflege kann entweder stunden- oder tageweise beantragt werden. Insgesamt sind pro Kalenderjahr 42 Tage mit tageweiser Verhinderungspflege möglich, die Stundenoption ist ganzjährig umsetzbar. Das ist davon abhängig, ob Sie
als Pflegeperson mehrere Tage oder täglich weniger als acht Stunden pro Tag an der Pflege gehindert sind.
Pro Kalenderjahr stehen dazu jedem Versicherten, der die Leistungsvoraussetzungen erfüllt, bis zu 1.612 Euro bereit. Geht die zu pflegende Person kurzzeitig in eine vollstationäre Pflegeeinrichtung, greift die Kurzzeitpflege. Das Budget umfasst ebenfalls 1.612 Euro pro Kalenderjahr, hier sind insgesamt 56 Tage möglich. Kostet die Kurzzeitpflege mehr, kann aus dem vollen Topf der Verhinderungspflege gegriffen werden, dadurch vermindert sich der Anspruch auf Verhinderungspflege entsprechend. Umgekehrt steht auch die Hälfte des Kurzzeitpflege-Etats für eine Verhinderungspflege zur Verfügung. Auch hier vermindert sich der Anspruch auf Kurzzeitpflege entsprechend.