Was ist ein Gap Year und welche Möglichkeiten gibt es?

Work and Travel, Au-pair, Tischler-Ausbildung, Medizinstudium – für viele Schulabsolventen ist bereits klar, was sie nach dem Abschluss machen. Andere wissen noch nicht genau, wie sie die Zeit nach der Schule verbringen. Wir zeigen dir, welche Möglichkeiten es gibt, die Zeit zwischen Schulabschluss und Berufsstart sinnvoll zu nutzen und erklären, was FSJ, FÖJ und Bufdi eigentlich bedeuten.

Das Gap Year, übersetzt Lückenjahr, ist für viele junge Menschen mittlerweile selbstverständlich. Gemeint ist mit diesem Begriff eine Auszeit zwischen zwei Lebensabschnitten, die oft direkt nach Schul- oder Studienabschluss genommen wird. In dieser Zeit gehen die Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf Reisen und sammeln Arbeits- und Lebenserfahrungen verschiedenster Art. Denn die Möglichkeiten, wie ihr die Zeit nach dem Abschluss gestalten könnt, sind vielfältig.

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Gründe für ein Gap Year

"Die wohl wichtigste Überlegung bei dieser Entscheidung ist, warum ich ein Gap Year machen möchte", erklärt Karrierecoach Dr. Claudia Sorg-Barth. Man sollte sich die Frage stellen: „Weiß ich, was ich will oder will ich das während der Auszeit herausfinden?“ In beiden Fällen kann ein Gap Year sinnvoll sein.

Denn es bringt neben der Möglichkeit, „an einer Weggabelung im Leben einen Reflexionsschritt einzulegen“, auch viele Vorteile für die persönliche Entwicklung. „Durch die Auseinandersetzung mit anderen Lebensmodellen und Kulturen, neuen Aufgaben und dem sozialen Umgang mit anderen Menschen kann ein persönlicher Reifungsprozess angestoßen werden“, so Sorg-Barth. 

Vorteile eines Gap Years

  • Entwicklung einer eigenen Perspektive, eigener Werte und einer eigenen Meinung

  • Anstoßen eines persönlichen Reifungsprozesses

  • Auseinandersetzung mit anderen Kulturen und Lebensmodellen

  • Orientierung für die berufliche Zukunft

„Viele Freiwillige überbrücken Wartezeiten auch mit ihrem Engagement in einer gemeinnützigen Einrichtung oder bereiten sich mit ihrem Dienst auf eine Ausbildung oder ein Studium vor“, sagt Antje Mäder, Pressesprecherin des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben. 

Natürlich gibt es nicht nur Vorteile. Faktoren wie hohe Kosten und Zeit, die ihr für die intensive Planung benötigt, sollten durchaus in Betracht gezogen werden. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass ihr aus eurem Lernrhythmus geworfen werdet und im Anschluss besonders bei lernintensiven Studiengängen einen erschwerten Start habt. 

Gap Year mit Freiwilligendienst in Deutschland

„Wer nicht gleich mit dem Studium oder einer Ausbildung starten möchte oder kann, findet in einem Freiwilligendienst eine sinnvolle Alternative“, so Mäder. „Egal, ob im Krankenhaus oder in einem Naturschutzgebiet, in einer Altentagesstätte oder im Jugendzentrum, in einem Kulturprojekt oder in einer Bildungseinrichtung – es ist für jeden etwas dabei. Als gesetzlich geregelte Freiwilligendienstformate stehen in Deutschland neben dem Bundesfreiwilligendienst (BFD) auch das Freiwillige Soziale und Ökologische Jahr (FSJ/FÖJ) zur Verfügung. Möglich ist ein freiwilliger Dienst in allen anerkannten gemeinwohlorientierten Einrichtungen.“

  • Bundesfreiwilligendienst (BFD) als Bufdi

    Im Rahmen eines Bundesfreiwilligendienstes (BFD) können sich Frauen und Männer außerhalb von Beruf und Schule für das gesellschaftliche Wohl engagieren. Der Einsatz ist im sozialen, ökologischen und kulturellen Bereich möglich. Der BFD kann auch im Sport, zur Unterstützung im Bereich der Integration oder im Zivil- und Katastrophenschutz geleistet werden.

    Ein Bundesfreiwilliger wird Bufdi genannt. Jeder, der die Vollzeitschulpflicht erfüllt hat, kann den BFD absolvieren. In der Regel dauert der Bundesfreiwilligendienst zwölf Monate, ein Bufdi muss mindestens sechs und darf höchstens 18 Monate im Einsatz sein. Nur in Ausnahmefällen sind bis zu 24 Monate möglich.

    Beim Bundesfreiwilligendienst handelt es sich grundsätzlich um einen ganztägigen Dienst. Für Freiwillige über 27 Jahren ist auch ein Teilzeitdienst ab 20 Stunden wöchentlich möglich. Für Bufdis unter 27 geht das nur, wenn sie vorweisen können, dass sie nicht in Vollzeit arbeiten können, weil sie zum Beispiel einen Angehörigen betreuen müssen oder gesundheitlich beeinträchtigt sind.  

  • Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ)

    In einem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) können sich junge Leute engagieren, die die Vollschulzeit erfüllt haben und jünger als 27 Jahre sind. Der Freiwilligendienst dauert mindestens sechs und höchstens 18 Monate. In Ausnahmefällen kann er auf 24 Monate verlängert werden. Das FSJ wird von einem zugelassenen Träger durchgeführt, das können zum Beispiel der Bund, die Bundesländer, Gemeinden, Religionsgemeinschaften oder Wohlfahrtsverbände sein.

    Der Einsatz kann im sozialen Bereich, in Bereichen der Kultur, des Sports, der Politik, der Denkmalpflege (FJD) oder an einer Schule geleistet werden. Den Freiwilligen stehen bei einem Einsatz von zwölf Monaten gesetzlich 25 Bildungstage zu.

  • Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ)

    Ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ), auch Freiwilliges Umweltjahr (FUJ) genannt, ist für Freiwillige zwischen 16 und 26 Jahren möglich. Es dauert regulär ein ganzes Jahr, kann jedoch auf sechs oder 18 Monate verkürzt beziehungsweise verlängert werden. Mögliche Einsatzstellen sind gemeinnützige Einrichtungen, die in ihrer Arbeit ökologische Grundsätze fokussieren.

    Der Tätigkeitsschwerpunkt der Einsatzstellen liegt in der Regel im Natur- und Umweltschutz, der Umweltbildung und Umweltforschung. FÖJ-ler können sich zum Beispiel in der Landwirtschaft, im Gartenbau oder in Naturschutzzentren engagieren. 

Gap Year Möglichkeiten in Deutschland nutzen und ausbauen

Dr. Claudia Sorg-Barth plädiert dafür, dass Jugendliche für ein Gap Year auch die Angebote in der näheren Umgebung in Betracht ziehen, die genauso attraktiv wie ein Auslandsaufenthalt sein können. Sie ist der Meinung: "Wer etwas erfahren und erleben will, muss nicht zwangsläufig in die Ferne reisen. Auch in Deutschland gibt es die Möglichkeit, eine andere Region kennenzulernen und dort soziale Projekte zu unterstützen oder einen anderen Job zu übernehmen. Klassische Ferienjobs können auf mehrere Monate ausgeweitet werden und zu einer Bereicherung und Orientierungshilfe werden.“

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Auslandsaufenthalt während Ausbildung oder Studium

Wer auf eine Auslandserfahrung nicht verzichten möchte, kann diese auch später noch während der Ausbildung oder des Studiums beziehungsweise danach einlegen. So besteht zum Beispiel die Möglichkeit, auf die Walz zu gehen. Die Wanderschaft dürfen Auszubildende antreten, wenn sie die Gesellenprüfung bestanden haben, zudem müssen sie unverheiratet, kinderlos, schuldenfrei und unter 30 Jahre alt sein. Außerdem bieten viele Handwerks- (HWK) sowie Industrie- und Handelskammern (IHK) Exchange Programme für Azubis an. Egal ob während der Ausbildung ein berufliches Praktikum, ein Ausbildungsabschnitt oder eine Weiterbildungsmaßnahme im Ausland absolviert werden soll – bei den Kammern erhalten Interessierte Informationen zu infrage kommenden Auslandsaufenthalten und Finanzierungsmöglichkeiten.

Studenten können neben einem Auslandssemester, bei dem ein Teil des Studiums an einer ausländischen Einrichtung absolviert wird, zum Beispiel ein Urlaubssemester beantragen. Diese halbjährige Studienpause kann etwa für ein Praktikum in einem fremden Land oder für eine längere Auslandsreise genutzt werden. Studierende und Auszubildende stoßen damit nicht nur einen persönlichen Reifungsprozess an, sondern können auch inhaltlich viel dazulernen. „Ein Medizin- oder Psychologie-Student, der für ein halbes Jahr in Afrika arbeitet, wird von dieser Erfahrung sowohl persönlich als auch beruflich profitieren“, sagt Dr. Claudia Sorg-Barth, die auch als Dozentin an der Fresenius Hochschule in München tätig ist.  

„Dennoch ist die Entscheidung für ein Gap Year eine sehr individuelle", betont Sorg-Barth: „Es hat sich die Ansicht durchgesetzt, dass ein Abiturient unbedingt in die große weite Welt gehen muss, bevor er studiert. Das halte ich persönlich für zu pauschal.“ Wichtig sei es, sich als junger Mensch zu fragen, was man in diesem Jahr erlernen oder erleben will – und dafür könne es sehr unterschiedliche Antworten geben. „Das kann, aber muss kein Jahr Reisen in Australien sein.“ Sinnvolle und spannende Möglichkeiten gibt es auch im näheren Umfeld. 

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