Mann fährt ein Sportfahrrad auf einer Straße durch Berlin

Stadtradeln: Gesund und nachhaltig mit dem Fahrrad unterwegs

Das Auto stehen lassen und sich aufs Fahrrad schwingen – dazu motiviert „Stadtradeln“, eine Kampagne des Netzwerks Klima-Bündnis. Wir haben mit einem Experten darüber gesprochen, wie Teilnehmende durch die Aktion auf spielerische Weise sich selbst, anderen und dem Klima Gutes tun.

Was ist Stadtradeln?

Bei der Kampagne „Stadtradeln“ ist der Name Programm: Sie ruft Bürgerinnen und Bürger von teilnehmenden Kommunen auf, möglichst viele Wege mit dem Fahrrad, statt mit dem Auto zurückzulegen. Ins Leben gerufen wurde die Aktion im Jahr 2008 vom Netzwerk Klima-Bündnis.

Die Kampagne gestaltet sich wie ein Wettbewerb: Der Wettbewerbszeitraum beträgt 21 aufeinanderfolgende Tage, die jeweils zwischen dem 1. Mai und dem 30. September liegen müssen. Ziel ist es, in dieser Zeit als Team oder Einzelner möglichst viele geradelte Kilometer zu sammeln, um die individuellen und kommunalen CO2-Emissionen zu senken.

Teilnehmen können Städte, Gemeinden, Landkreise und Regionen sowie ihre Einwohnerinnen und Einwohner – ob Ihre Kommune dabei ist, erfahren Sie nach Eingabe des Namens auf der Aktions-Website. Mittlerweile machen jedes Jahr tausende Städte in ganz Deutschland mit. Ludger Vortmann, Autor von „Das Stadtradeln-Buch“ und Pressesprecher des Fahrrad-Clubs ADFC in Nordrhein-Westfalen, ist seit vielen Jahren dabei: „Das macht Spaß, schont das Klima und motiviert, auch nach dem Wettbewerb das Auto durch das Fahrrad oder den Bus zu ersetzen.“

Fahrradfahren durch die Stadt: Nachhaltig und gesund

Wer emissionsfrei mit dem Rad unterwegs ist, hält die Luft rein und tut damit etwas für den Klimaschutz. Radlerinnen und Radler verursachen zudem keinen Lärm, sind flexibler in ihrer Routenwahl, verbrauchen kaum öffentlichen Raum und halten sich – quasi ganz nebenbei – fit.

Radfahren verbessert die Kondition, ist gleichzeitig gelenkschonend und daher empfehlenswert für Menschen wie mich, die nicht gerade Idealgewicht haben“, so Vortmann. Anders als beispielsweise beim Joggen fällt beim Radfahren nämlich der Aufprall des Körpergewichts weg, das meiste Gewicht liegt ruhig im Sattel. Vortmann empfiehlt regelmäßige Touren: Es sei besser, täglich eine halbe Stunde als alle vierzehn Tage eine extreme Radtour im „Tour-de-France-Etappen-Format“ zu fahren.

Weitere positive Nebeneffekte: In Kombination mit einer ausgewogenen Ernährungs- und Lebensweise kann Radfahren beim Abnehmen helfen, denn es steigert den Kalorienverbrauch. Regelmäßiges Radfahren stärkt außerdem Rücken und Immunsystem und beugt Herz-Kreislauf- und Diabetes-Erkrankungen vor.

Auch die psychische Gesundheit wird beim Fahrradfahren positiv beeinflusst: So hat die Universität Zürich in einer Studie herausgefunden, dass sich Radlerinnen und Radler gesünder, weniger gestresst und energetischer fühlen.

Acht gesundheitliche Vorteile von Radfahren

Radfahren schont den städtischen Geldbeutel

Auch aus finanzieller Hinsicht sei es nachhaltig, den Radverkehr zu fördern, erklärt ADFC-Sprecher Vortmann. Er beruft sich auf eine Studie der schwedischen Universität Lund aus dem Jahr 2018. Durchgeführt wurde die Studie von Dr. Stefan Gössling, der an der Uni Lund lehrt und forscht.

Gössling hat Kosten und Nutzen von Pkws und Fahrrädern untersucht. „Er kam beim Radfahren auf einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen von 30 Cent pro Kilometer. Autofahrinnen und Autofahrer hingegen verursachen Kosten – und zwar 20 Cent Kosten pro Kilometer, die nicht durch Steuern und Abgaben gedeckt sind“, fasst Vortmann das Studienergebnis zusammen. Daher müssten die Städte deshalb schon aus eigenem, auch wirtschaftlichem Interesse möglichst viel dafür tun, dass Radfahren in der eigenen Stadt sicher und attraktiv sei.

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Fahrräder sind da – wieso nutzen wir sie nicht?

Dass viele Pkws nicht in der Garage bleiben, hat zahlreiche Gründe – Fahrrad-Mangel ist zumindest keiner davon. Vortmann: „Bundesweit gibt es rund 82 Millionen Fahrräder. Wir können also sagen, dass fast alle von uns eines haben.“ Dennoch nutze die Hälfte der Menschen in Deutschland auf Kurzstrecken unter fünf Kilometer das Auto, ein Viertel sogar auf Strecken unter zwei Kilometer.

Der Grund: „Viele fühlen sich unsicher auf der ungeschützten Infrastruktur“, so Vortmann. Oft fehlten Abstände zu parkenden Pkws, Radwege seien entweder nicht durchgängig, zu schmal oder in einem schlechten Zustand. Laut einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Ipsos aus dem Jahr 2022 betreffe das 42 Prozent der Befragten, wie Vortmann erklärt: „Ein unglaubliches Potenzial. Immer mehr Städte denken deshalb langsam um.“

Eine weitere Ursache, gegen die Städte und Kommunen ehrlicherweise wenig unternehmen können: Oft sind wir zu faul oder die Rahmenbedingungen zu kompliziert. „Ich höre oft von Leuten, die ihr Rad nicht sicher und witterungsgeschützt abstellen können und es erst aus dem Keller holen müssen“, erzählt der „Stadtradeln“-Autor.

„Städte könnten dafür werben, dass Wohnungsbauunternehmen mehr sichere und witterungsgeschützte Fahrradparkplätze vor der Haustür schaffen“, so Vortmann weiter. Denn wenn das Auto gemütlich zu erreichen ist und ein paar Regentropfen fallen, bleibt das Fahrrad gerne mal stehen. Vortmanns Tipp: Den „Stadtradeln“-Wettbewerb als persönliche Challenge nutzen, Spritgeld sparen, und neue Perspektiven entdecken.

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Stadtradeln-App: Infos aus erster Hand

Die Kommunen erhalten bei der Challenge digitale Unterstützung von der „Stadtradeln“-App. Sie beantwortet Fragen wie: Wo sind regelmäßig viele Radelnde unterwegs? Wo läuft es flüssig und wo muss ständig an roten Ampeln gewartet werden? Wo und warum werden bestimmte Radwege gemieden? Gibt es unterwegs Schlaglöcher oder eine unübersichtliche Verkehrsführung?

Diese Informationen melden die Teilnehmenden ihrer Verwaltung direkt in einem digitalen Stadtplan. Dann nimmt sich die Kommunalverwaltung der Sache an. Vortmann empfiehlt „Statdradeln“-Kommunen, diesen Service zu nutzen. „Das sind Hinweise aus erster Hand, durch die das Radfahren noch attraktiver gestaltet werden kann.“

Fahrrad-Tipps für Einsteiger und Familien mit Kindern

Wer bei der Kampagne „Stadtradeln“ mitmacht, sollte neugierig sein und das Ganze nicht zu verbissen sehen. Es sei laut Vortmann eher ein Ausprobieren, wie man – unabhängig von Alter oder Fitness – im Alltag mit dem Rad zurechtkommt: „Viele sind verblüfft, wie viele Wege sie abdecken können.“

So können auch Eltern ihre Kinder auf dem Schulweg radelnd begleiten und mögliche Mängel, beispielsweise kaputte Radwege, der Schule oder Kommune melden. Gemeinsame Radtouren machen Spaß und vermitteln den Kindern, worauf sie auf ihrem Schulweg achten müssen. Auch die ganz Kleinen können schon im Lastenrad mitfahren, so Vortmann, und Mobilität mal anders erleben: „Nicht aus der Windschutzscheibe im klimatisierten Auto, das sie wie durch einen Stahlkokon von der Umwelt abschirmt. Beim ‚Stadtradeln‘ spüren wir den Wind, hören die Vögel singen und lernen bei Regen, dass wir nicht aus Zucker sind.“

Bei all der Radel-Romantik darf das richtige Sicherheitsequipment nicht fehlen. Mit die wichtigste Voraussetzung: Fahrräder müssen verkehrstauglich sein, Beleuchtung und Bremsen ordnungsgemäß funktionieren. Auch Reflektoren sollten nicht fehlen und vor allem bei Kindern sollten auch Kleidung und Schultasche mit reflektierenden Elementen ausgestattet sein.

Sollte es doch zu einem Unfall kommen, können Helme zumindest gegen einen Teil der Verletzungen schützen. Doch auch, was die Verkehrssicherheit angeht, liegt die Verantwortung nicht allein bei den Radelnden, so Vortmann: „Der größte Sicherheitsmangel ist leider die in vielen Städten unglaublich schlechte Fahrradinfrastruktur.“

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