Übergewicht bei Kindern ist ein komplexes Thema, das Eltern oft vor große Herausforderungen stellt. Welche Faktoren dazu führen und welche gezielten Maßnahmen helfen, erklären die Experten Birgit Westermann und Roland Hierlmeier. Ihr Wissen bietet Familien praktische Ansätze, um die Gesundheit ihrer Kinder langfristig zu fördern.
Übergewicht bei Kindern: Wann ist mein Kind zu dick?
Ein unterschätztes Problem mit weitreichenden Folgen: Übergewicht bei Kindern beeinträchtigt Gesundheit, Wohlbefinden und Entwicklung. Was sind die Ursachen, welche Folgen drohen und wann ist ärztlicher Rat gefragt? Dieser Artikel gibt Antworten und praktische Tipps, wie Eltern ihre Kinder frühzeitig auf dem Weg zu einem gesunden Lebensstil begleiten können.
- Übergewicht im Kindesalter: Zahlen und Fakten
- BMI bei Kindern: Ist mein Kind übergewichtig?
- Ursachen und potenzielle Folgen von Übergewicht bei Kindern
- Übergewicht früh erkennen: Wann sollten Eltern handeln?
- Mit gesunder Ernährung Übergewicht vermeiden
- Übergewichtige Kinder: Warum Bewegung so wichtig ist
- Fazit
Übergewicht im Kindesalter: Zahlen und Fakten
In Deutschland sind mehr als 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen übergewichtig – das zeigt die KiGGS-Studie (Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland) des Robert Koch-Instituts. Knapp sechs Prozent der Kinder in Deutschland leiden sogar an Adipositas. Obwohl die Zahlen in den letzten Jahren stabil geblieben sind, bleibt Übergewicht ein weitverbreitetes Problem.
Was ist der Unterschied zwischen Übergewicht und Adipositas?
Übergewicht bezeichnet eine moderate Erhöhung des Körpergewichts im Vergleich zu den für Alter und Größe empfohlenen Werten. Adipositas, auch Fettleibigkeit genannt, geht darüber hinaus und beschreibt eine stärkere Gewichtszunahme, die mit gesundheitlichen Risiken verbunden ist.
BMI bei Kindern: Ist mein Kind übergewichtig?
Der Body-Mass-Index (BMI) bei Kindern ist eine nützliche erste Orientierungshilfe, um festzustellen, ob ein Kind übergewichtig ist. Für Jungen und Mädchen gibt es dabei im Vergleich zum BMI für Erwachsene andere Maßstäbe.
Der BMI allein ist noch keine endgültige Diagnose, aber er hilft dabei, festzustellen, ob das Kind normales Gewicht, Übergewicht oder sogar Adipositas – starkes Übergewicht – hat. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bietet einen BMI-Rechner für Kinder und Jugendliche an, den Eltern für eine erste Einschätzung nutzen können.
Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihr Kind übergewichtig ist, sollte eine Kinderärztin oder ein Kinderarzt konsultiert werden, um gesundheitliche Ursachen auszuschließen und gegebenenfalls die weitere Gewichtsentwicklung zu kontrollieren.
Eine frühzeitige medizinische Untersuchung hilft nicht nur, gesundheitliche Risiken zu erkennen, sondern ermöglicht auch gezielte Maßnahmen, um das Gewicht zu regulieren. Kinderärztinnen und Kinderärzte oder Ernährungsexpertinnen und Ernährungsexperten entwickeln individuell abgestimmte Pläne, die Ernährung, Bewegung und psychologische Unterstützung kombinieren. Ein ganzheitlicher Ansatz ist dabei entscheidend, um Kinder auf ihrem Weg zu einem gesunden Gewicht nachhaltig zu unterstützen.
Mit gesunder Ernährung Übergewicht vermeiden
Eine ausgewogene Ernährung ist entscheidend, um Übergewicht bei Kindern vorzubeugen und eine gesunde Entwicklung zu unterstützen. Dabei spielen das Verhalten der Eltern und die richtige Gestaltung der Mahlzeiten eine zentrale Rolle. Laut Expertin Birgit Westermann sollten Eltern folgende Ansätze verfolgen:
Vorbild sein:
Kinder orientieren sich stark an ihren Eltern. Wer selbst ausgewogen isst und regelmäßige Mahlzeiten einhält, vermittelt wichtige Grundlagen für ein gesundes Essverhalten.
Kinder einbeziehen:
Lassen Sie Ihre Kinder beim Kochen oder Zubereiten mithelfen – das steigert die Begeisterung für gesundes Essen und schafft schöne Momente.
Entspannt bleiben:
Zwingen Sie Kinder nicht, den Teller leer zu essen, und verbieten Sie keine Lebensmittel strikt. Das stört die natürliche Sättigung und macht verbotene Lebensmittel noch interessanter. Vermitteln Sie stattdessen einen bewussten Umgang mit Naschereien, etwa durch gemeinsam gefundene Regeln oder die eigenständige Einteilung kleiner Naschboxen. Gesündere Alternativen für den kleinen Hunger zwischendurch sind zum Beispiel Obstschnitze und Vollkornmuffins.
Durch diese Maßnahmen können Familien gesunde Routinen entwickeln, die helfen, Übergewicht bei Kindern langfristig vorzubeugen und ihre Lebensqualität zu verbessern.
Präventionsangebote der IKK classic
„Die Kleinen stark machen. Gemeinsam für eine gesunde Zukunft.“ ist ein spielerisches Präventionsprogramm, das gezielt Kitas anspricht, um bereits bei den Jüngsten gesunde Ernährung und Bewegung im Alltag zu verankern. Kinder lernen durch praktische Einheiten entweder mit Ernährungsfachkräften, um gesunde Lebensmittel zu entdecken und Freude am Zubereiten zu entwickeln oder mit Bewegungsfachkräften – dabei geht um das spielerische Erkunden und Ausprobieren der motorischen Grundeigenschaften und den Spaß am Bewegen zu entdecken. Eltern werden aktiv eingebunden, um nachhaltige Veränderungen zu fördern. Das Programm setzt bewusst im frühen Alter an, da hier die Weichen für gesundheitsbewusste Gewohnheiten gestellt werden können.
Ein weiteres Beispiel für die Förderung gesunder Gewohnheiten ist das Programm DIE RAKUNS – Das gesunde Klassenzimmer. Es unterstützt Grundschulen dabei, Kindern auf spielerische Weise wichtige Grundlagen für einen gesunden Lebensstil zu vermitteln. Eltern werden ebenfalls einbezogen, um den Transfer der gelernten Inhalte in den Familienalltag zu unterstützen.
Übergewichtige Kinder: Warum Bewegung so wichtig ist
Neben einer ausgewogenen Ernährung bildet Bewegung die Basis für eine gesunde Entwicklung von Kindern. Körperliche Aktivität ist essenziell, um das Gewicht bei Kindern zu regulieren, motorische Fähigkeiten zu fördern und langfristig gesunde Gewohnheiten zu entwickeln. Laut Roland Hierlmeier, Sport- und Bewegungstherapeut sowie Fachberater Prävention bei der IKK classic, ist es entscheidend, den natürlichen Bewegungsdrang von Kindern spielerisch zu unterstützen: „Familien sollten Bewegung in den Alltag und in die Freizeit integrieren – ob durch Fahrradtouren, Bewegungsspiele oder einen Ausflug in den Klettergarten.“
Nur 22,4 Prozent der Mädchen und 29,4 Prozent der Jungen im Alter von 3 bis 17 Jahren schaffen es, die von der WHO empfohlene tägliche Bewegungszeit von 60 Minuten einzuhalten. Die Zahlen aus der KiGGS-Studie zeigen außerdem, dass mit steigendem Alter und sozialer Benachteiligung die Aktivität weiter abnimmt.
Hier sieht Experte Roland Hierlmeier großes Potenzial für Präventionsmaßnahmen: „Es ist wichtig, Kinder frühzeitig für Bewegung zu begeistern und ihnen positive Erlebnisse zu vermitteln.“
Besonders wichtig ist es, Kindern eine „bewegte“ Umgebung zu schaffen und ihnen durch abwechslungsreiche Angebote die Freude an Bewegung zu vermitteln. So können gesunde Routinen entstehen, die Übergewicht vorbeugen und übergewichtige Kinder langfristig unterstützen.
Fazit
Übergewicht bei Kindern ist eine Herausforderung, der durch Prävention, gesunde Routinen und Unterstützung entgegengewirkt werden kann. Eltern spielen dabei eine zentrale Rolle – sei es durch das Vorleben gesunder Gewohnheiten, die Unterstützung beim Abnehmen oder die Nutzung von Beratungs- und Präventionsangeboten. Jeder kleine Schritt zählt, um übergewichtige Kinder auf den Weg in ein gesünderes Leben zu bringen.