TikTok-Trend Cortisol Face: Was steckt hinter dem Mondgesicht-Phänomen?

Redaktion
IKK classic

Aktuell geht auf den sozialen Medien wieder ein Trend um: das sogenannte Cortisol Face. Influencer warnen dabei vor einem Überschuss des körpereigenen Stresshormons Cortisol. Doch was genau ist denn ein Cortisol Face? Und was hat das Ganze mit der Krankheit Cushing Syndrom zu tun? Wir klären auf, ob du dir wirklich Sorgen machen musst.

Cortisol Face-Videos gehen auf TikTok viral

Hast du auch ein Mondgesicht? Ein Cortisolgesicht? Influencerinnen und Influencer auf TikTok sind sich sicher: Das habe mit einem Anstieg des Hormons Cortisol im Körper zu tun. Das sei schuld an dem rundlicheren, aufgequollenen Gesicht. Loswerden könne man es durch: Apfelessig am Morgen, grünen Tee, Pilates, das Vermeiden hochverarbeiteter Lebensmittel, viel trinken und mehr schlafen – generell durch eine gesündere Lebensweise. Die mache das Gesicht endlich wieder schlanker.

Viele solcher Videos spielen rauf und runter in den sozialen Medien, allen voran Tiktok – ihr Versprechen: weniger Cortisol für mehr Schönheit. Der Gesundheitstrend zielt darauf ab, deine Cortisolwerte im Körper so gering wie möglich zu halten und damit angeblich nicht nur ein Cortisolgesicht, sondern auch direkt Verdauungsprobleme, Haarausfall oder sogar eine vorzeitige Hautalterung zu vermeiden.

Doch stimmt das wirklich? Wir haben bei einem Experten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) – also einem ausgewiesenen Hormon- und Stoffwechselspezialisten – nachgefragt.

Was macht Cortisol mit dem Körper?

Die gute Nachricht: „Cortisol ist ein lebensnotwendiges Hormon. Es macht den Körper überhaupt erst leistungsfähig,“ sagt DGE-Experte Prof. Dr. Martin Reincke, Endokrinologe und Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik IV an der LMU München. „Der Blutzuckerspiegel steigt. Unser Gehirn und unsere Muskeln kriegen die nötige Kraft, um eine bestimmte Herausforderung zu überwinden. Kein Sprint zum Bus zum Beispiel ohne einen völlig natürlichen Anstieg an Cortisol für die erhöhte Menge an Energie, die der Körper dafür benötigt.“ Er betont: „Cortisol wird bei gesunden Menschen nur bedarfsgerecht gebildet.“

Cortisol, unter Fachleuten als Hydrocortison bekannt, wird von der allgemeinen Bevölkerung als „Stresshormon“ wahrgenommen – „weil es bei Gefahr oder Stress bzw. einer starken körperlichen Belastung wie einer Viruserkrankung oder eines Marathonlaufs vermehrt im Körper ausgeschüttet wird,“ so Prof. Dr. Reincke. In der Nebenniere wird es gebildet, das ist eine kleine Drüse oberhalb der Nieren, das neben Cortisol eine ganze Reihe wichtiger Hormone produziert.

Dabei sei es völlig normal, dass die Cortisolwerte im Verlauf des Tages und der Nacht variieren: „Morgens, wenn wir aufstehen, ist die Cortisol-Konzentration am höchsten, dementsprechend sind wir vormittags typischerweise am leistungsfähigsten. Wenn wir über eine längere Strecke joggen, benötigen wir einen Extra-Cortisol-Schub, zum Beispiel um die Muskulatur ausreichend mit Traubenzucker zu versorgen. Nachts ist unsere Cortisol-Konzentration am niedrigsten, kaum noch messbar, auch weil man in Ruhe ist und situationsbedingt weniger Stressoren hat.“ Ein erhöhter Wert habe allein genommen wenig Aussagekraft, weil viele andere Faktoren wie die Uhrzeit, die Aktivität und natürliche Schwankungen mit reinspielen. Er führt jedenfalls nicht gleich zu Verdauungsproblemen, Haarausfall oder vorzeitiger Hautalterung, wie von den Influencerinnen und Influencern befürchtet.

Wobei umgekehrt „eine gesunde Ernährung und moderate Bewegung einen positiven Einfluss auf unser gesamtes Wohlbefinden hat,“ sagt Prof. Reincke. Kein Wunder also, dass die Influencerinnen und Influencer auch im Gesicht abnehmen, denn „in den Wangen befindet sich natürlich auch Fettgewebe, das man durch eine gesunde Lebensweise am ganzen Körper reduzieren kann.“

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Ist das Cortisol Face ein echtes Krankheitsbild?

Der Begriff Cortisol Face wird insbesondere auf TikTok, Instagram & Co. inflationär gebraucht. Grob lassen sich drei Bedeutungen unterscheiden:

  • Metaphorisch: Ein Gesicht, das durch zu starken Gebrauch von Fillern beim Beauty Doc zu prall, unnatürlich und aufgedunsen wirkt.

  • Kosmetisch: Leicht geschwollenes Gesicht, das durch bestimmte Umwelteinflüsse, überschaubare Gewichtszunahme oder anstrengende Lebensweise kurzfristig auftreten kann.

  • Medizinisch: Eines von vielen Symptomen einer ernsten und sehr seltenen Krankheit, dem Cushing-Syndrom. Es tritt auf, wenn der Cortisolspiegel im Körper dauerhaft erhöht ist, z. B. durch die chronische Einnahme von Kortison (etwa in Medikamenten = seltenes exogenes/äußerliches Cushing-Syndrom) oder durch einen Tumor in der Nebenniere (= noch selteneres endogenes/innerliches Cushing-Syndrom)

Unterschiede zwischen Cortisol Face und Cushing-Syndrom

Die wichtigste Erkenntnis: Wenn gesunde Menschen gestresst sind, schwillt ihr Gesicht nicht einfach so an. Ein leicht aufgedunsenes Gesicht, z. B. nach einer Nacht intensiven Feierns mit Alkohol oder nach einer anstrengenden Woche, ist eher ein kosmetisches Thema und kein medizinisches.

„Chronischer Stress ist ungesund, keine Frage, und er lässt den Cortisolspiegel ansteigen. Aber diesen müssen wir vom Cushing-Syndrom und dem einhergehenden Cortisol Face unterscheiden,“ so Prof. Dr. Reincke. Das heißt, chronischer Stress allein kann kein Cortisol Face hervorrufen.

Nur Menschen mit einer Stoffwechselerkrankung können ein „echtes“ Mondgesicht bekommen. Da helfen dann auch keine von den Influencerinnen und Influencern gepriesenen Maßnahmen mehr wie Pilates oder eine gesunde frische Ernährung  – das runde Gesicht bleibt.

„Schaust du in den Spiegel und erkennst dich nicht wieder? Fühlst du dich wie aufgeblasen? Wie ein Michelin-Männchen?“ Falls ja, so Prof. Dr. Reincke, dann kann es sich hier um das Cortisol Face handeln – und das ist nur „ein Symptom von mehreren einer echten und sehr seltenen Krankheit, dem Cushing-Syndrom“ sagt der DGE-Experte.

Endogenes und exogenes Cushing-Syndrom: Ursachen

Ob gewollt oder nicht, Influencerinnen und Influencer machen also mit dem Trend auf diese Krankheit aufmerksam. Und dies ist im Prinzip zu begrüßen. Das Cushing-Syndrom ist in erster Linie eine Hormonerkrankung, die u. a. ein gerundestes, rötliches Gesicht zur Folge hat. Die Schauspielerin Amy Schumer machte Anfang des Jahres öffentlich, dass sie unter dieser Krankheit leidet. Bei ihr wurde die exogene, also äußerliche Variante, des Cushing-Syndroms ausgelöst durch hoch dosierte Steroidinjektionen (verschriebene Medikamente).

Davon zu unterscheiden ist die endogene, also körpereigene Variante, die durch einen kleinen, zumeist gutartigen hormonbildenden Tumor ausgelöst wird und viel seltener ist. Beide Varianten sorgen für eine krankhafte Überproduktion des Hormons Cortisol im Körper. Die 43-Jährige reagierte auf verächtliche Kommentare in den sozialen Medien: „Die Beschämung und Kritik an unseren sich ständig verändernden Körpern ist etwas, mit dem ich lange Zeit zu tun hatte. Ich wünsche mir so sehr, dass Frauen sich selbst lieben und unermüdlich für ihre Gesundheit kämpfen.“

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Symptomcheck: Habe ich das Cushing-Syndrom?

Betroffene des Cushing-Syndroms entwickeln oftmals mehrere der folgenden Symptome:

  • Rundes Gesicht (das Cortisol Face bzw. Mondgesicht)

  • Stammadipositas: aufgeblasener Bauch, aber dünne Arme & Beine

  • Stiernacken und Buckel: Zunahme des Fettgewebes am oberen Rücken

  • Knallrote Wangen

  • Bluthochdruck

  • Diabetes

  • Dünne, verletzliche Haut: speziell breite rötlich-blaue Streifen an Achselhöhle oder Leiste

  • Depressionen, Ängstlichkeit, Angespanntheit

  • Bei Frauen: Zunahme der Körperbehaarung (etwa dunkle Haare an Oberlippe)

  • Muskelschwäche: zum Beispiel, wenn du von der Hocke nicht mehr in den Stand kommst

„Wenn du drei davon bei dir beobachtest, solltest du zu deiner Hausärztin oder deinem Hausarzt gehen, und die Symptome abklären lassen,“ rät DGE-Experte Reincke. Aber kein Grund zur Panik: „Die Krankheit ist so selten wie die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen: vier Menschen auf eine Million pro Jahr sind davon betroffen, das entspricht in Deutschland 250 Menschen mit endogenem Cushing-Syndrom pro Jahr. Und etwa 3% der Bevölkerung, die an dem exogenen Cushing-Syndrom leiden.“

Fazit

Da das Cortisol Face nur sehr selten als Symptom einer ernsten Krankheit, dem Cushing-Syndrom, auftritt, besteht in den meisten Fällen überhaupt kein Grund zur Sorge. Mit einer Sache haben die Influencerinnen und Influencer laut DGE-Experte Prof. Reincke allerdings Recht: „Chronischer Stress ist und bleibt ungesund, und eine gesunde Lebensweise erhöht das allgemeine Wohlbefinden.“ Schaden kann die Integration gesunder Gewohnheiten in den Alltag also nicht.

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Veröffentlicht am 10.12.2024

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