Handwerk-Fachkräftemangel: Jetzt schlägt die Stunde der Best Ager

Redaktion
IKK classic

Nicht nur auf der aktuellen „Zukunft Handwerk 2025“, auch im gesamten Handwerk ist der Fachkräftemangel eine Herausforderung. Dabei wird einer wertvollen Gruppe an Menschen im Betrieb häufig zu wenig Beachtung geschenkt: erfahrene Mitarbeitende über 50. Warum "Best Ager" für Betriebe unverzichtbar sind und wie Unternehmen sie optimal in ihrem Arbeitsalltag unterstützen können, erfahren Sie hier.

Unternehmen in diesem Land könnten produzieren – wenn da nicht immer häufiger die passenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fehlen. Laut Zentralverband des Deutschen Handwerks e. V. (ZDH) sind aktuell allein im Handwerk geschätzt rund 250.000 Stellen offen.  

Während die Suche nach Fachkräften aktuell schwer fällt, lohnt es sich für Unternehmen umso mehr zu schauen, inwieweit die Investition in bestehende Mitarbeitende besonders erstrebenswert ist. Eine häufig unterschätzte, aber auch falsch beurteilte Zielgruppe ist – gerade im Handwerk – die Gruppe der Best Ager. Dabei gehören Mitarbeitende 50plus nicht nur nicht „zum alten Eisen“, sondern bilden einen wertvollen Beitrag für Ihre Branche.

Definition: Was sind Best Ager?

Der Begriff „Best Ager“ bezeichnet Personen zwischen 50 und 70 Jahren. Diese Altersgruppe wird auch als Generation 50plus, Silver Worker, Silver Ager oder Generation Gold bezeichnet.

Sie zeichnet sich insbesondere durch gefestigte Persönlichkeiten, finanzielle Sicherheit, eine positive Lebenseinstellung und ein hohes Wissen aus.

Was macht ältere Mitarbeitende so wertvoll?

Während junge Mitarbeitende noch Erfahrungen sammeln müssen und durch Fehler oder bestehende Herausforderungen wachsen, verfügen Best Ager über ein tiefes Verständnis für ihr Handwerk. Selten gibt es Herausforderungen, Probleme oder Abläufe im Betrieb, die ihnen noch nicht begegnet sind. Durch ihre jahrelang gesammelten Erfahrungen können sie für viele Probleme eigene Lösungsansätze erarbeiten und zielgerichtet bewältigen.

Effizienz und Schnelligkeit, aber auch routinierte Arbeitsweisen, zeichnen gerade langjährige Mitarbeitende im Betrieb aus und machen sie zu einer unschätzbaren Wissensquelle. Denn sie verfügen nicht nur über das klassische Wissen rund um Technik, Handwerk oder Abläufe.

Auch die Empathie für Kolleginnen und Kollegen ist hier besonders hoch. „Wenn bei uns eine junge Mutter ausfällt, weil ihr Kleinkind krank ist, dann haben die Mitarbeitenden viel Verständnis“, erklärt Kerstin Hofmann (57), Geschäftsführerin des Friseursalons „Die Botzbittel eG“. „Gerade die älteren Mitarbeitenden sind dann zur Stelle. Nicht nur, weil Sie die Lage gut nachvollziehen können, sondern auch, weil sie sich ihre Zeit besser einteilen können.“ 

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Stabilität und Planbarkeit in Ihrem Unternehmen

Doch nicht nur reibungslosere Arbeitsleistung und unschätzbares Wissen vereinen sich in der älteren Belegschaft. Auch durch ihre Persönlichkeit können Best Ager punkten. Davon können Sie mit Ihrem Unternehmen maßgeblich profitieren.

Meist befinden sich Mitarbeitende über 50 in einem stabilen, privaten Umfeld. Wenig Umbrüche, selten neue Entwicklungen im Freundes- oder Familienkreis, die dafür sorgen, dass sich Mitarbeitende auch beruflich komplett neu ausrichten müssen. Dies sorgt für eine hohe Loyalität dem Arbeitgebenden gegenüber.

Auch im Kundenstamm genießen gerade Best Ager unter den Mitarbeitenden großes Vertrauen. „Man muss verstehen, dass auch langjährige Kundinnen und Kunden älter werden“, berichtet Kerstin Hofmann. „Diese haben dann bereits eine Beziehung zu den Mitarbeitenden aufgebaut und wünschen sich dann auch den Kontakt mit diesen persönlichen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern.“

Herausforderungen für Best Ager im Handwerk

Trotz ihrer Qualitäten stehen ältere Mitarbeitende gerade im Handwerk vor Herausforderungen. Körperliche Belastungen können im Alter zunehmen. Mitarbeitende in jungen Jahren sind zum Beispiel in einem Maurer-Betrieb auf Baustellen unterwegs oder bewegen sich problemlos im Dachdeckerei-Betrieb auf schwindelnden Höhen. Ab einem bestimmten Alter kann dieser kräftezehrende Arbeitsablauf jedoch zum Problem werden.

Nicht selten verursacht diese Tatsache einen Knick im Selbstbewusstsein der Mitarbeitenden, führt aber auch zu Vorurteilen im Betrieb und erweckt den Anschein, Handwerkerinnen und Handwerker seien als Best Ager nicht mehr so leistungsstark.

Hier ist es nicht nur an den Mitarbeitenden selbst, sondern vor allem auch an den Betrieben, Veränderungen wahrzunehmen und entsprechende Anpassungen im Arbeitsalltag vorzunehmen. „Je nach Betrieb ist es wichtig, hier auch technische Hilfsmittel einzusetzen“, erklärt Detlef Lustig, (63) Landmaschinenmechanikermeister. „Ob Kräne oder Hubvorrichtungen, es gibt viele Möglichkeiten gerade älteren Mitarbeitenden die Arbeit leichter zu machen. Diese sollten diese Hilfsmittel natürlich auch annehmen.“

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Wie können Betriebe Best Ager gezielt unterstützen?

Unternehmen können gezielte Maßnahmen ergreifen, um ältere Mitarbeitende langfristig zu halten. Ergonomische Arbeitsplätze und flexiblere Arbeitszeiten tragen dazu bei, körperliche Belastungen zu reduzieren.

Zudem helfen Weiterbildungen, um mit digitalen Entwicklungen Schritt zu halten. Eine wertschätzende Unternehmenskultur, in der die Erfahrung von älteren Mitarbeitenden anerkannt wird, sorgt für eine stärkere Bindung an den Betrieb. Detlef Lustig empfindet besonders eine Umverteilung der Aufgaben als Entlastung und Bereicherung: „Es ist wichtig, dass man die Aufgaben für ältere Mitarbeitende anpasst. Mir hat es geholfen, dass man frühzeitig die jüngeren Kolleginnen und Kollegen angelernt und Verantwortung übertragen hat.“

Der 63-Jährige ist sich sicher: „Das nimmt älteren Mitarbeitenden nicht nur Druck und Stress, sondern gibt ihnen die Chancen, beim Anlernen der jüngeren Generation zu unterstützen und wichtiges Wissen weiterzugeben.“

Frank Klingler, Fachbereichsleiter zentrale Aufgaben Prävention der IKK classic, sieht jedoch auch einige Herausforderungen für Führungskräfte, Veränderungen im eigenen Unternehmen herbeizuführen: „Normalerweise sind Betriebsinhaberinnen und Betriebsinhaberinnen an viele andere Aufgaben gebunden. Da ist es schwierig, noch passende Bewegungs- oder Ernährungsangebote für Mitarbeitende zusammenzustellen.“ Er setzt hier auf das Betriebliche Gesundheitsmanagement. "Dabei geht es um mehr, als um klassischen Betriebssport oder Gesundheitsangebote für Mitarbeitende. Betriebe bekommen hier einen umfassenden Prozess an die Hand, durch den sie immer wissen: wo stehe ich mit meinem Betrieb, wo genau liegt unser Bedarf.“  

Betriebliches Gesundheitsmanagement umfasst viel mehr als Trainings zur Gesundheitsförderungen. Wir gehen Themen wie Betriebsstruktur, Arbeitsorganisation und Betriebsklima an.

Frank Klingler

Fachbereichsleiter Prävention, IKK classic

Tipps für Unternehmen: So bleiben Mitarbeitende lange fit und gesund

  • Ergonomie am Arbeitsplatz:

    Sorgen Sie für höhenverstellbare Arbeitsflächen und rückenfreundliche Sitzmöglichkeiten, um Fehlhaltungen vorzubeugen.

  • Flexible Arbeitszeiten:

    Wenn möglich, schaffen Sie Teilzeitmodelle oder führen reduzierte Arbeitszeiten für ältere Mitarbeitende ein. Dadurch können auch die Mitarbeitenden weiter im Unternehmen bleiben, für die eine Vollzeitstelle nicht mehr geeignet ist.

  • Gezielte Weiterbildungen:

    Schulungen zu neuen Technologien und Trends halten nicht nur die Begeisterung für das eigene Berufsfeld aufrecht, sondern fördern die Mitarbeitenden und ihr Wissen rund um die Aufgaben im Arbeitsalltag.

  • Gesundheitsförderung:

    Betriebliche Gesundheitsprogramme wie Rückenschulungen oder Fitnesskurse können dabei unterstützen, bei Mitarbeitenden das Bewusstsein für eine gesunde Lebensweise zu stärken.

  • Wertschätzung zeigen:

    Erkennen Sie Erfahrungen der Mitarbeitenden an und fördern Sie den Austausch für wichtigen Wissenstransfer zwischen jüngeren und älteren Mitarbeitenden.  

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Motiviert bis ins hohe Alter

Laut einer Studie der IW Köln ist gerade die ältere Generation der 66- bis 70-Jährigen, die über die Regelaltersgrenze hinaus als „Silver Worker“ weiterarbeiten, besonders zufrieden mit ihrem Leben. Diese besondere Motivation der Mitarbeitenden bildet gerade für Sie als Unternehmerin oder Unternehmer einen wichtigen Grund, Angestellte bis ins hohe Alter vom eigenen Unternehmen zu begeistern.

Denn trotz des fortgeschrittenen Alters, ist die Zielgruppe der Best Ager auch vor neuem Wissen nicht abgeschreckt. Ganz im Gegenteil. „Ganz egal wie alt ich bin, gibt es eine spannende Weiterbildung, die mich weiterbringt, dann nutze ich diese auch“, berichtet Kerstin Hofmann.

Dass hohes Alter nichts mit Scheu vor Weiterentwicklung zu tun hat, davon ist auch Detlef Lustig überzeugt. „Es ist spannend zu beobachten, wie jüngere Generationen an Herausforderungen herantreten. Manchmal hilft Ihnen die Erfahrung von älteren Mitarbeitenden. Aber an vielen Stellen gibt es auch neue Möglichkeiten, von denen diese noch gar nichts wissen. Wichtig ist doch, dass sich hier jüngere und ältere gegenseitig weiterhelfen und jeder etwas dazulernen kann.“

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IKK classic

Veröffentlicht am 17.03.2025

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