Frau in der Mitte von zwei Kindern, die dem kleineren Jungen einen Kuss auf die Wange gibt und der größere Junge steht daneben

Neid: Warum wir neidisch sind und was du dagegen tun kannst

Kennst du das? Die beste Freundin oder der Kollege nebenan hat etwas, das wir selbst gerne hätten. Und schon ist sie da: die ideale Grundlage, um Neid zu empfinden. Wir erklären dir, wie du dich vor Neidgefühlen schützen kannst und wie du mit dem Neid anderer umgehst.

„Wieso wird die wieder gelobt und ich nicht?“ – hinter so einem Satz steckt ein Gefühl, das wir alle kennen: Neid. Der Neid gilt in unserer Gesellschaft grundsätzlich als negatives Gefühl, wird oft tabuisiert und gehört sogar zu den „Sieben Todsünden“, die aus dem christlichen Glauben kommen. 

Aber: „Neid ist ganz normal und menschlich. Und auch nicht jedes Neidgefühl ist schlecht“, sagt Flora Fassl, die an der Universität Wien zu dem Thema forscht. Häufig tut uns der Vergleich mit anderen jedoch nicht gut, wir fühlen uns schlecht. Woher kommen diese Emotionen – und was sagen sie über uns aus?

Warum sind Menschen neidisch?

Flora Fassl, Projektmitarbeiterin im Team für Neid und Schadenfreude (Kontext Schule), fasst das komplexe Thema Neid folgendermaßen zusammen: „Wir sind neidisch, wenn wir sehen, dass ein anderer Mensch etwas hat, was wir auch gerne hätten.“ Das können Gegenstände, aber auch Leistungen oder Fähigkeiten sein. Neid braucht also immer ein Objekt (etwas, das man gerne hätte) und ein Subjekt (eine Person, auf die man neidisch ist).

Ob wir Neid empfinden, hängt zunächst davon ab, wie wichtig uns das „Neidobjekt“ ist. Wenn uns egal ist, ob wir Markenklamotten tragen oder nicht, werden wir nicht auf den teuren Pullover unseres guten Freundes oder unserer guten Freundin neidisch sein.

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Die psychologischen Hintergründe von Neid

Grundsätzlich unterscheidet die psychologische Forschung laut Fassl zwischen zwei Arten von Neid: Missgönnen und Beneiden. Ob man schlussendlich missgönnt oder beneidet, hängt von zwei Faktoren ab: Hat die Person es verdient? Hat man Kontrolle darüber, das auch zu erreichen beziehungsweise kann ich es auch schaffen?

Wir missgönnen jemandem etwas, wenn er es nicht verdient hat und wenig Kontrolle über seinen Vorteil hat. Haben wir jedoch das Gefühl, unser Gegenüber hat das Neidobjekt verdient, beneiden wir die Person. „Wenn also ein Freund sich bei der Jobbewerbung kaum anstrengt und trotzdem eine super Stelle bekommt und man selbst nicht mal zum Bewerbungsgespräch eingeladen wird, dann wird man ihm den Erfolg tendenziell missgönnen“, so Fassl. Umgekehrt, wenn man sieht, dass der Freund sich viel Mühe gibt und wir auch wissen, wie er es geschafft hat, dann beneidet man ihn eher. 

Laut Fassl gehen beide Arten mit einem Schmerzgefühl einher, haben jedoch unterschiedliche Konsequenzen. So will man bei der Missgunst der anderen Person das sogenannte Neidobjekt wegnehmen. Beneiden wir jedoch unser Gegenüber, kann es uns motivieren, uns zu verbessern und so das Neidobjekt selbst zu bekommen. Das kann bedeuten, wenn wir beim obigen Beispiel bleiben, ein Bewerbungstraining zu machen.

Woher kommt Neid?

Eine zentrale Voraussetzung von Neid ist der soziale Vergleich. „Wir vergleichen uns mit anderen Personen, wenn wir keine objektiven Informationen haben, um uns selbst oder unseren sozialen Status zu prüfen“, erklärt Fassl. Auch Unsicherheiten, die zu dem sozialen Vergleich führen, sind ein Nährboden für Neidgefühle.

„Man vergleicht sich außerdem eher mit Menschen, die einem ähnlich sind. Die Forschung hat bisher gezeigt, dass wir vor allem auf gleichgeschlechtliche und gleich alte Freundinnen und Freunde neidisch sind“, fügt die Expertin hinzu.

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Was sagt Neid über uns aus?

Fassl betont, es sei wichtig aufzuzeigen, dass die meisten von uns immer wieder Neid empfinden – und dass das nichts über den Menschen aussagt. Die Forschung hat aber auch gezeigt, dass wir uns in der Tendenz, wie oft wir beispielsweise Neid empfinden, unterscheiden. „Außerdem demonstriert die Forschung, die noch nicht zwischen den beiden Neidarten unterschieden hat, dass Neid mit einem eher niedrigen Wohlbefinden und Selbstbewusstsein sowie mit mehr depressiven Symptomen einhergeht“, erklärt Fassl. Im Arbeitskontext steht Neid übrigens vor allem im Zusammenhang mit Fehlzeiten, sozialem Faulenzen und niedriger Gruppenzufriedenheit.

Neid wirkt sich zudem unterschiedlich auf unser Verhalten aus: Menschen, die eher die missgönnende Neidform verspüren, richten ihre Aufmerksamkeit eher auf die beneidete Person. Darüber hinaus hängt die Missgunst mit aggressivem Verhalten, Lästern und Schadenfreude zusammen. Menschen, die beneiden statt missgönnen, richten ihre Aufmerksamkeit eher auf eigene Verbesserungsmöglichkeiten, machen der beneideten Person Komplimente und sind seltener schadenfroh.

Wie gehe ich mit Neidgefühlen um?

Nicht jedes Neidgefühl ist schlecht. Neid kann auch motivieren. Solltest du dich jedoch schlecht fühlen, weil du Neid empfindest, kannst du gegensteuern. Neid-Expertin Flora Fassl hat folgende Tipps:

  • Sozialen Vergleich reduzieren oder Richtung ändern:

    Das kannst du machen, indem du dich – wenn möglich – aus der Situation nimmst. Die Richtung des sozialen Vergleichs zu ändern bedeutet: Nicht nur auf das schauen, was man selbst nicht hat – und andere schon. Vielmehr solltest du dich fragen: Was habe ich, was andere nicht haben? Laut Studien soll das mehr Wohlbefinden auslösen.

  • Missgönnen in Beneiden umändern:

    Du kannst beispielsweise mehr Informationen darüber sammeln, wie die Person an das Neidobjekt gekommen ist – und ob sie es „verdient“ hat. Vielleicht ärgerst du dich, dass deine Kollegin wieder mal gelobt wird und du nicht. Erfährst du aber, dass sie für das Lob viel geschuftet hat, kannst du ihr die Anerkennung vielleicht gönnen. Und daran glauben, dass du deine Ziele auch mit Anstrengung erreichen kannst.

  • Die Wichtigkeit des Neidobjekts überdenken:

    Da Neid nur dann auftritt, wenn das Neidobjekt von Wichtigkeit ist, kann man sich fragen: Ist mir das Neidobjekt wirklich wichtig, oder nur, weil es andere auch haben wollen? 

  • Mit anderen Personen darüber sprechen:

    Wir waren doch alle schon mal neidisch! Ein Austausch mit anderen kann helfen, das Gefühl zu normalisieren und sich dadurch Erleichterung zu verschaffen. 

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Was ist Social Media-Neid und wie kannst du dich davor schützen?

Durch Social Media hat man Einblick in das geschönte Leben von Tausenden von Menschen – also auch zig Gründe, um sie zu beneiden. Grundsätzlich unterscheidet sich der Neid im „realen“ Leben aber nicht von dem im Netz.

Jedoch ist es wichtig, Social Media-Neid gesondert zu betrachten und dabei zwischen den beiden genannten Neidformen zu unterscheiden. Laut Studien soll Beneiden mit Inspiration zusammenhängen – und Inspiration wiederum mit positiven Gefühlen. Missgönnen hingegen mindert offenbar den Spaß an Social Media.

Folgende Punkte kannst du beim Umgang mit Neid in den sozialen Medien beachten:

  • Sei dir dem „Social Media Positivity Bias“ bewusst:

    Eine Studie hat gezeigt, dass Nutzerinnen und Nutzer, die sich dem verschönten Bild in den sozialen Medien bewusst sind, weniger Neid empfinden. Mache dir also bewusst, dass die Bilder auf Instagram und Co. nicht das „echte“ Leben zeigen.

  • Aktive statt passive Nutzung:

    Konsumiere nicht nur den Inhalt von anderen Personen, sondern nutze Social Media aktiv für dich.

  • Entfolge Accounts, die dir nicht guttun:

    Im Gegensatz zur Offline-Welt kannst du in den sozialen Medien Accounts, die dich belasten, einfach entfolgen oder die App sogar löschen. 

Was tun, wenn andere auf dich neidisch sind?

Manchmal kommt es auch vor, dass andere auf uns neidisch sind. Das kann das Selbstbewusstsein steigern, aber auch dazu führen, dass man sich unwohl fühlt. Zum Beispiel, weil man vielleicht Angst hat, dass andere einem nichts Gutes wünschen. 

Eine Studie zeigt laut Fassl außerdem: Menschen, denen etwas missgönnt wird, verhalten sich eher zugewandt gegenüber den Neiderinnen und Neidern. Und das kann durchaus sinnvoll sein: Wenn du positiv mit einer Person umgehst, die neidisch auf dich ist, kannst du so die negativen Effekte von Neid mildern und gleichzeitig die Situation der missgönnenden Personen verbessern. 

Ein positives Verhalten gegenüber Neidern fördert zum Beispiel ein angenehmes soziales Umfeld, reduziert Spannungen und hilft dir dabei, deinen inneren Frieden zu bewahren. 

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