Engagierte Angestellte und Bewerbende, die Schlange stehen? Sie werden staunen, was transparenter Lohn bewirken kann. Erfahren Sie von unserem Experten Klaus Dettmar von der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade, wie offene Lohnstrukturen im Handwerk für Motivation und mehr Zufriedenheit sorgen.
Gehaltstransparenz im Handwerk? Na klar! Beim Thema Transparenz von Lohn und Gehalt scheiden sich die Geister. Einige möchten das Thema Gehalt weiterhin diskret handhaben, doch die Befürworter dieses Konzepts haben die Argumente auf ihrer Seite. Ein prüfender Blick auf verschiedene Lohnmodelle offenbart die Vorteile transparenter Gehaltspraktiken.
Die Rolle des Gehalts im Handwerk
Für die Zufriedenheit der Handwerkerinnen und Handwerker im Job spielt der Lohn eine zentrale, aber längst nicht mehr die einzige Rolle. Werte wie Freizeit, Wertschätzung und Respekt oder offene Kommunikation sind Arbeitnehmenden in den letzten Jahren immer wichtiger geworden.
Doch alles ist teurer geworden, Mieten müssen bezahlt, Raten bedient und die Familie versorgt werden. Trotz gestiegener Ansprüche hinsichtlich Work-Life-Balance und New Work, steht am Ende dann doch das im Mittelpunkt, was am Monatsende auf das Konto fließt.
Schließlich drückt sich die gewünschte Wertschätzung nicht zuletzt auch in Höhe und Fairness des Gehalts aus. Es ist die monetäre Anerkennung der geleisteten Arbeit. Eine angemessene Vergütung ist daher Grundvoraussetzung für die Zufriedenheit der Mitarbeitenden im Handwerk.
Arbeitgebende im Handwerk beobachten immer öfter eine Abwanderung der von ihnen ausgebildeten Mitarbeitenden hin zu Industriebetrieben, die in der Regel besser zahlen. "Junge Leute werden in Handwerksbetrieben qualitativ hochwertig ausgebildet und werden dann auch immer wieder von den vor Ort befindlichen Industriebetrieben ‚abgesaugt‘“, bestätigt Klaus Dettmar. Ein Grund mehr, dass jede Betriebsinhabende und jeder Betriebsinhaber sich fragen sollte, ob die Gehälter stimmen.
Was regelt das Entgelttransparenzgesetz?
Das seit Juli 2017 geltende Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) soll die Transparenz der Löhne fördern und das Gebot gleicher Bezahlung von Männern und Frauen durchsetzen (§ 1 EntgTranspG). Es orientiert sich dabei am Grundgesetz (Artikel 3 GG) und dem Allgemeinen Gleichheitsgrundsatz auf Gleichberechtigung der Geschlechter.
Doch durchsetzbare Ansprüche entfaltet es nur gegenüber Arbeitgebenden größerer Betriebe (ab 200 Angestellte), so z. B. einen Auskunftsanspruch bezüglich der Gehaltskriterien. Dieser setzt jedoch voraus, dass es im Betrieb mindestens sechs Kolleginnen und Kollegen mit vergleichbarer Stelle gibt. Das heißt zugleich, dass Führungskräfte diesen Anspruch eher selten haben.
Arbeitgebende mit mehr als 500 Mitarbeitenden sind noch etwas mehr in der Pflicht. Sie müssen beispielsweise aktiv die Entstehungskriterien ihrer Entgeltmodelle prüfen.
"Wer gut verhandelt, bekommt mehr" – das soll es eigentlich nicht mehr geben. Doch die Praxis sieht anders aus. Das liegt zum einen am eingeschränkten Anwendungsbereich des Gesetzes, zum anderen daran, dass viele ihre Rechte nicht kennen oder sich nicht trauen, sie durchzusetzen. Letzteres würde sich vermutlich auch bei einer Anwendung auf Kleinbetriebe nicht ändern. Und: Anspruch auf Auskunft heißt noch nicht, dass auch ein Anspruch auf Anpassung besteht. Doch zumindest sensibilisiert das Gesetz Arbeitgebende für die Problematik.
Auch die seit Juni 2023 geltende EU-Lohntransparenzrichtlinie soll dazu dienen, den Gender Pay Gap, also die Gehaltslücke zwischen Männern und Frauen (in Deutschland um 18 Prozent!), langsam zu verringern. "Gleiches Geld für gleiche Arbeit" – ein Prinzip, das auf dem Entgeltgleichheitsgebot fußt – ist allerdings nach wie vor in vielen Bereichen ein frommer Wunsch.
Doch was deutschlandweit vielleicht noch nicht ganz Realität ist, können Arbeitgeber zumindest bei sich im Betrieb durchaus realisieren: mit einem transparenten und gerechten Lohnmodell.