Mann, der mit einem Tablet in der Hand Maschinen ansieht

KI im Handwerk: Vorteile und Heraus­forderungen

KI im Handwerk ermöglicht es, Arbeitsprozesse zu optimieren und dadurch Zeit und Ressourcen zu sparen. Doch wo kann künstliche Intelligenz im Handwerk eingesetzt und sinnvoll genutzt werden? Gibt es Nachteile und worauf sollten Betriebsinhabende achten? Ein Experte gibt Tipps und Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Künstliche Intelligenz (KI) im Handwerk, heißt das künftig: Roboter statt Menschen? Teils, teils. Eines ist jedoch klar: Sie ist nicht nur etwas für Büromenschen, sondern hat in einigen Bereichen des Handwerks bereits ihren festen Platz. Nicht aber, um Menschen ihre Arbeit wegzunehmen, sondern um ihnen mühsame oder langweilige Tätigkeiten abzunehmen, sprich: um das Arbeitsleben zu erleichtern.

Was ist Künstliche Intelligenz?

Künstliche Intelligenz bezeichnet die Fähigkeit von Maschinen, Aufgaben zu erfüllen, die normalerweise menschliche Intelligenz erfordern. Dazu gehören beispielsweise das Lernen aus Erfahrungen, das Erkennen von Mustern, das Verstehen natürlicher Sprache, das Treffen von Entscheidungen oder das Lösen komplexer Probleme. KI-Systeme nutzen Algorithmen und analysieren eine Vielzahl von Daten, um Vorhersagen zu treffen und autonom zu handeln.

Patrick Amato, Experte vom Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk, differenziert: "Traditionelle Algorithmen folgen einer festen Abfolge von Schritten. Der entscheidende Unterschied bei KI-Algorithmen ist ihre Lernfähigkeit. Während herkömmliche Algorithmen immer gleich arbeiten, kann eine KI ihre Methoden verbessern, indem sie aus Erfahrungen, Daten oder Interaktionen mit ihrer Umgebung lernt."

Wie kann KI im Handwerk eingesetzt werden?

Wie viele Brötchen kann eine Filiale verkaufen? Für eine Bäckerei aus Heilbronn eine essenzielle Prognose, denn am Ende des Tages sollen nicht dutzende Backwaren übrigbleiben. Überproduktion geht schließlich ins Geld. Der Chef braucht für diese Berechnung künftig keine Zeit und Energie mehr aufzuwenden, denn er lässt die KI kalkulieren. Die künstliche Intelligenz des Startups "BäckerAI" (kürzlich umfirmiert in "Aiperia", Mitgründer ist übrigens ein Bäckerssohn) nutzt dafür etwa 150 Datensätze wie Feiertage, Wetterlage oder bisherige Verkaufszahlen. Dabei ist sie schneller und gründlicher als ein Mensch. Die Retouren werden minimiert und der Chef kann die gesparte Zeit fortan im Ladengeschäft oder der Backstube einbringen. Dafür ist er schließlich Bäcker geworden.

Das Praxisbeispiel zeigt eine der vielen Einsatzmöglichkeiten von künstlicher Intelligenz im Handwerk. Darüber hinaus sind noch diverse weitere Anwendungsgebiete denkbar, so beispielsweise:

  • Prozessautomatisierung: Roboter übernehmen Aufgaben, die immer nach gleichem Muster ablaufen, den Mitarbeitenden aber viel Zeit kosten.

  • Präzisere Planung durch 3D-Modelle (z. B. im Bauwesen)

  • Schulung und Weiterbildung: KI-gestützte VR-Systeme ermöglichen Lehrlingen, zunächst virtuell komplexe Reparaturen zu üben, bevor sie diese bei der Kundschaft durchführen.

  • Qualitätskontrolle: KI-gestützte Systeme können früh im Fertigungsprozess Fehler oder Qualitätsmängel erkennen.

  • ​​​​​​Wartung und Instandhaltung: KI kann Maschinendaten analysieren, um Verschleiß frühzeitig zu erkennen und vorherzusagen, wann Wartungen erforderlich sind (sog. vorausschauende Wartung).

  • Materialmanagement: KI-Systeme können Materialmengen erfassen, neuen Materialbedarf genau kalkulieren und so Bestellungen optimieren, Lagerkosten senken und Materialverschwendung minimieren.

  • Kostenmanagement: KI kann bei der Erstellung genauer Kostenkalkulationen helfen, indem sie frühere Daten und aktuelle Marktpreise analysiert.

  • Kundendienst und Angebotserstellung: Chatbots und smarte Anrufbeantworter können dank Sprachverarbeitung auf Kundenanfragen reagieren, Termine vereinbaren und Angebote erstellen.

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Was sind die Vorteile von Digitalisierung und KI im Handwerk?

Besonders relevant ist die Steigerung von Effizienz und Produktivität durch Automatisierung und Prozessoptimierung. Dies wirkt effektiv dem Fachkräftemangel entgegen. Experte Patrick Amato erläutert: "Der Arbeitskräftemangel betrifft alle Branchen gleichermaßen, und gerade das Handwerk ist auf wortwörtlich freie Hände angewiesen. Wenn diese jedoch in ineffizienten, zeitintensiven Prozessen gebunden sind, entstehen allerhand Probleme. Hier kann künstliche Intelligenz (KI) unterstützen."

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz im Handwerk bietet noch weitere Vorteile, wie beispielsweise:

  • Erhöhung der Sicherheit durch effektivere Überwachung, Risikoerkennung und virtuelle Übungsmöglichkeiten

  • Höhere Qualität durch präzisere Fertigung und Kontrolle

  • Geringere Kosten durch Ressourcenoptimierung, höhere Effizienz, besseres Materialmanagement und vorausschauende Wartung

  • Verbesserung der Kundenzufriedenheit durch schnellere Reaktion auf Kundenanfragen

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Welche Probleme kann es bei der Einführung von KI geben?

Natürlich bleibt der Einsatz neuer Technologien in Betrieben nicht ohne kleinere und größere Hürden. Im Handwerk sind diese, neben dem Thema Kosten, insbesondere technischer Art. Die Integration in bestehende Systeme ist ähnlich herausfordernd wie die Vielzahl benötigter Datensätze, die manche KI eher für den Einsatz in größeren Unternehmen geeignet sein lässt. Patrick Amato rät: "Ein guter Einstieg sind kleinere, KI-basierte Werkzeuge, die sich nahtlos in bestehende Prozessketten integrieren lassen und spezifische Aufgaben unterstützen – ohne großen Implementierungsaufwand."

In personell-kultureller Hinsicht können fehlende Akzeptanz der neuen Technologie sowie eine Veränderungs- und Weiterbildungsmüdigkeit bei den Mitarbeitenden Probleme bereiten. Hier können gezielte Schulungen helfen, die Technik zu verstehen und die Vorteile ihres Einsatzes zu erkennen.

Rein rechtlich sind Datenschutzaspekte ebenso wenig zu unterschätzen wie auch die Frage, wer bei Fehlern individuell verantwortlich ist: der Programmierer, der die KI bedienende Mitarbeiter oder vielleicht die Person, die den Mitarbeiter möglicherweise unzureichend instruiert hat? Hier ist die Beratung durch externe Fachleute (z. B. von der Handwerkskammer oder dem Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk) ratsam.

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Blick in die Zukunft: Wie wird KI das Handwerk in fünf bis zehn Jahren verändert haben?

Experte Amato ist sich sicher: "Handwerksbetriebe, die sich den technologischen Veränderungen gegenüber öffnen, können ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern und innovative Dienstleistungen anbieten." So wird es beispielsweise möglich sein, Kundenwünsche bis ins Detail zu analysieren, um maßgeschneiderte, höchst personalisierte Produkte und Dienstleistungen anzubieten.

Entscheidungen, die bislang meist auf dem Bauchgefühl der Firmeninhaber oder der Führungskräfte beruhten, können zukünftig durch datengestützte Prozesse unterstützt und objektiv belegbar gemacht werden. Qualität und Zuverlässigkeit der so getroffenen Entscheidungen bieten größere Planungssicherheit, erhöhen die Effizienz und verringern die Kosten.

Patrick Amato ist zuversichtlich: "KI wird dabei helfen, den Spagat zwischen Tradition und Moderne zu meistern und das Handwerk in eine erfolgreiche Zukunft zu führen."

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