Raus aus der Zukunftsangst: Tipps gegen die Negativ-Spirale

Redaktion
IKK classic

Krieg in der Ukraine und in Nahost, Klimawandel, steigende Preise: Diese Ereignisse machen vielen Menschen Angst. Schlechte Nachrichten verstärken dieses Gefühl. Wir zeigen, was man dagegen tun kann.

Kriege, Klimakrise, Inflation, politische Instabilität: Täglich erreichen uns schlechte Nachrichten aus der ganzen Welt. Oftmals folgt in den Push-Nachrichten auf dem Smartphone eine Eilmeldung nach der anderen.

Das belastet viele Menschen. Sie sind von der Nachrichtenflut überfordert. Das führt tatsächlich zu Stress und Zukunftsängsten. Wenn oft auch nur unterbewusst.

Krisen und Katastrophen sorgen dafür, dass wir uns ohnmächtig fühlen. „Schlechte Nachrichten lassen uns verunsichert und verängstigt zurück“, sagt Maren Urner, Neurowissenschaftlerin und Professorin für Medienpsychologie an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft HMKW.

Was ist Zukunftsangst?

Was hält die Zukunft für mich bereit? Diese Frage treibt jeden Menschen um. Manche stärker, manche weniger stark. Die Sorge vor dem, was morgen kommt, ist ganz normal. Sie überkommt uns, weil wir nicht wissen, wie etwas ausgeht. Auf Fragen wie: „Bekomme ich den Job?“ oder „Wie gehen wir mit der Klimakrise am besten um?“ gibt es in dem Moment, in dem wir sie uns stellen, auf Anhieb keine Antwort.

Genau das ist Zukunftsangst. Wir machen uns diese Sorgen deshalb, weil es keine Antworten gibt. Meistens bekommen wir dieses Gefühl, wenn Veränderungen anstehen, bei denen wir das Ergebnis gar nicht oder nur bedingt beeinflussen können. Niemand weiß, was in einer Woche, einem Monat oder einem Jahr passiert.

Die Angst vor der Zukunft steht vielen Menschen sprichwörtlich im Weg. Manchmal sogar so sehr, dass sie die Gegenwart aus den Augen verlieren. Kritisch wird es dann, wenn die Sorgen und Ängste Überhand nehmen und den Alltag beeinflussen. Dann kann Zukunftsangst im schlimmsten Fall zu Depressionen führen.

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Angst vor der Zukunft ist ganz normal

Dabei ist diese Angst etwas ganz Normales. Sie hat einen evolutionären Hintergrund. Das Unbekannte bedeutete schon immer eine mögliche Gefahr oder Bedrohung. Der menschliche Körper bereitet sich auf potenzielle Gefahren vor und sammelt seine Kräfte. Das spüren wir als Angst.

Das hat zwei wichtige Funktionen: Die Angst warnt uns vor Gefahren, um den Körper zu aktivieren. Damit sind wir bestmöglich geschützt und können schnell reagieren. Das kann jedoch auch über ein hilfreiches Maß hinausgehen und das Gegenteil bewirken. Dann kann Angst sozusagen lähmen. Sie kann sogar körperliche Symptome wie Übelkeit, Kopfschmerzen, Verspannungen oder Herzrasen auslösen.

Wenn die Angst zu einem ständigen Dauerbegleiter wird, könnte auch eine Angststörung vorliegen. Dann treten Ängste nicht nur in bestimmten Situationen auf. Sie werden zum ständigen Begleiter.

Der „Negativity Bias“: Schlechte Nachrichten verbreiten sich stärker

Laut einer Studie zur digitalen Resilienz verbringen mehr als 30 Prozent der Menschen unter 30 Jahren in Deutschland zwischen zwei und sieben Stunden täglich in den Sozialen Netzwerken wie Instagram oder TikTok. Und das, obwohl mehr als 60 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer negative Gefühle beim Scrollen empfinden.

Warum also verbringen wir so viel Zeit mit schlechten Nachrichten? Auch das ist in den menschlichen Instinkten verankert. Wir tendieren dazu, uns auf negative Dinge zu fokussieren. Wir reagieren auf schlechte Nachrichten intensiver als auf gute. Negativen Dingen schenken wir immer größere Aufmerksamkeit. Dieses Phänomen nennen Expertinnen wie Maren Unger „Negativity Bias“.

Dieses menschliche Verhaltensmuster nutzen Nachrichtenportale oder die Betreiber von Social-Media-Plattformen aus. Übersetzt heißt es: schlechte Nachrichten erhalten mehr Aufmerksamkeit, werden häufiger angeklickt und führen damit zu stärkeren Einnahmen. Über den Algorithmus der Social-Media-Kanäle wird das noch verstärkt. Wer sich häufig mit diesen Themen auseinandersetzt, bekommt immer mehr davon in seinem Feed angezeigt. Es entwickelt sich eine echte Negativspirale.

Doomscrolling: Wenn schlechte Nachrichten zwanghaft werden

Für diese Negativspirale gibt es einen Begriff: „Doomscrolling“. Es bedeutet, sehr viel Zeit damit zu verbringen, schlechte Nachrichten zu konsumieren. Doom ist Englisch und bedeutet „Unheil“ oder „Untergang“. Scrolling steht für das Wischen auf dem Smartphone von einem Inhalt zum nächsten.

Auch das ist ein natürliches Verhaltensmuster. Jeder Mensch möchte selbst unkontrollierbare Situationen begreifen und verstehen, um sie erträglicher machen zu können. Das gibt uns das Gefühl, dass wir sie beeinflussen können. Wir sind auf der Suche nach einfachen Lösungen für komplexe Probleme. In diesem Zustand sind wir zudem besonders anfällig für „Fake News“. Also dafür, ungenaue oder unvollständige Informationen zu glauben, die uns dafür Gefühl geben, die Situation zu verstehen.

„Doomscrolling“ kann Stress und Depressionen auslösen. Da sind sich Experten wie Matthew Price, Psychologe an der Universität Vermont, sicher. Viele Betroffene haben Schwierigkeiten damit, zur Ruhe zu kommen. Sie leiden unter Schlafstörungen oder sind antriebslos.

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Medienkonsum einschränken, aber nicht boykottieren

Bei vielen Menschen kann das dazu führen, dass sie irgendwann komplett aufhören, Nachrichten zu konsumieren. Auch das ist keine Lösung. Denn Probleme schlichtweg zu ignorieren, macht sie nicht ungeschehen.

Eine bessere Möglichkeit ist dagegen, Nachrichten bewusst zu konsumieren. Es ist durchaus möglich, informiert zu bleiben, ohne sich von den Nachrichten herunterziehen zu lassen. Ein erster Schritt dazu ist, die Push-Benachrichtigungen auf seinem Handy auszuschalten. „Liveticker sind kontinuierlicher Stress für unser Gehirn und keine sinnvolle Art, um sich gut und nachhaltig zu informieren“, sagt Expertin Unger.

Es ist besser, fundierte Berichte, Analysen und Sachbücher zu lesen oder fundierte Podcasts zu hören, als Schlagzeilen, Social-Media-Beiträge oder reißerische Artikel zu konsumieren. „Die entscheidende Frage ist: Worauf konzentrieren wir uns und was hilft uns wirklich, die Welt besser zu verstehen“, sagt die Psychologin.

Zukunftsangst überwinden: Resilienz stärken

Der erste Schritt aus der Negativspirale ist deshalb, die eigenen Grenzen zu erkennen. Denn es ist völlig okay, mit der Informationsflut überfordert zu sein. Besonders in Krisenzeiten. Zudem ist es ratsam, mit der Familie, Freundinnen oder Freunde über Ängste zu sprechen. Dann sehen wir meist schnell, dass sich andere Menschen ähnliche Gedanken machen.

Mit seinen Ängsten allein umzugehen, ist dagegen nicht ratsam. Isolation verstärkt das Gefühl häufig.

Zudem ist es wichtig, die eigene Resilienz zu stärken. Das ist die psychische Widerstandskraft. Sie hilft uns, schwierige Situationen zu meistern. Dadurch lernt man sich nicht nur selbst besser kennen. Es hilft auch, zu erkennen, was einem guttut und was nicht. 

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Tipps zur Bewältigung von Zukunftsangst

Da Ängste sehr individuell sind, muss auch jeder selbst lernen, damit umzugehen. Diese Tipps können jedoch helfen, den Negativ-Kreislauf zu durchbrechen:

  • Das eigene Leben weiter leben:

    Es ist nämlich völlig in Ordnung, trotz der vielen Krisen Spaß zu haben und das Leben zu genießen.

  • Ängste einordnen:

    Stellen Sie sich die Frage, welche Themen Sie tatsächlich betreffen und welche Bedrohungen real sind.

  • Über Ängste reden:

    Sprechen Sie mit anderen Menschen über Ihre Ängste. Sie werden schnell feststellen, dass Sie damit nicht allein sind.

  • Opferrolle ablegen:

    Sehen Sie sich nicht als Opfer von Wirtschaft oder Politik. Suchen Sie lieber nach Lösungen.

  • Aktiv werden:

    Es gibt viele Möglichkeiten, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Beispielsweise beruflich oder ehrenamtlich. Das beginnt in lokalen Gruppen bis zu weltweiten Bewegungen.

  • Hilfe suchen:

    Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie Hilfe von außen benötigen, sollten Sie diese in Anspruch nehmen. Das kann die Hausärztin oder der Hausarzt, aber auch psychologische Betreuung sein. Dazu gibt es beispielsweise die Telefonseelsorge oder die Nummer gegen Kummer.

Angst vor der Ungewissheit: Kein Grund zur Scham

Laut einer Umfrage der Schufa blicken rund zwei Drittel der Menschen in Deutschland ängstlich in die Zukunft. Es gibt also keinen Grund, sich dafür zu schämen. Alle beschäftigen sich damit.

Unter dem Strich ist und bleibt die Zukunft immer etwas Ungewisses. Sie existiert nur in unseren Köpfen. Keiner weiß genau, wie sie aussehen wird. Es ist jedoch jedem selbst überlassen, das Beste aus der Zukunft zu machen und sie positiv zu beeinflussen.

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Veröffentlicht am 06.12.2024

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